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Archiv-Artikel

Empörung über Arbeitsverweigerung

„KEIN VERDACHT“ Die Bundesanwaltschaft will nicht wegen des Abhörens von Telefonaten durch die NSA ermitteln

BERLIN taz | Kopfschütteln und Empörung: Parteien und Netzaktivisten reagierten mit Unverständnis auf die Nachricht, dass es wohl keine Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu der Massenüberwachung deutscher Kommunikation durch die NSA geben wird.

Kritik kam am Donnerstag selbst aus der mitregierenden SPD. „Sollte diese Entscheidung tatsächlich so fallen“, sagte Christian Flisek, SPD-Obmann im NSA-Ausschuss, der taz, „hätte ich dafür vor dem Hintergrund der massenhaften Grundrechtsverletzungen kein Verständnis.“

Laut Medienberichten hat Generalbundesanwalt Harald Range beschlossen, nicht wegen der NSA-Überwachung zu ermitteln. Sein Haus hatte dazu bereits im letzten Jahr zwei Prüfvorgänge angelegt: einen für das jahrelange Abhören des Kanzlerin-Handys und einen für das flächendeckende Ausspähen deutscher Kommunikation. Für beides sehe Range nun mangels Beweismitteln keinen Anfangsverdacht, heißt es.

Laut Süddeutscher Zeitung beruft sich die Bundesanwaltschaft darauf, dass weder Journalisten noch Snowden-Vertraute Dokumente zur Verfügung gestellt hätten. Auch Regierung und deutsche Geheimdienste hätten nur „Zeitungswissen“ reklamiert. Aus den USA seien keine Unterlagen zu erwarten.

Die Opposition regierte empört. Linken-Fraktionsvize Jan Korte sprach von einem „rechtsstaatlichen Offenbarungseid des Generalbundesanwalts“. Korte forderte Justizminister Heiko Maas (SPD) dazu auf, Ermittlungen zu veranlassen.

Grünen-Innenexperte Hans-Christian Ströbele nannte das Vorgehen „skandalös und eines Rechtsstaates unwürdig“. Einen Anfangsverdacht zu leugnen, sei „lächerlich“. Er beantragte, Range in den Rechtsausschuss des Bundestags vorzuladen, um ihn seine Gründe darlegen zu lassen.

SPD-Mann Flisek will dagegen abwarten, bis eine Entscheidung vorliegt. Sobald dies der Fall sei, wolle er Range dazu vor dem NSA-Ausschuss anhören. Einen Anfangsverdacht im Fall NSA abzulehnen, weil Beweismittel nicht zugänglich seien, erscheine ihm zweifelhaft, sagte Flisek.

„Das grenzt an Arbeitsverweigerung“, kritisierte Rena Tangens vom Netzaktivistenverein Digitalcourage. Es sei „grotesk“, monierte Tangens, von mangelnden Beweisen zu sprechen und Snowden nicht in Deutschland befragen zu wollen. Der Snowden-Vertraute Jacob Applebaum zeigte sich verwundert: Er sei nie von der Bundesanwaltschaft kontaktiert worden. KONRAD LITSCHKO