Knüppelei ohne Folgen

POLIZEIGEWALT

Fast fünf Jahre ist es her: Am 5. Juli 2009 stürmten Polizisten die FC-St.-Pauli-Fan-Kneipe „Jolly Roger“ gegenüber dem Millerntorstadion, versprühten großzügig Pfefferspray und verletzten etliche Gäste einer Geburtstagsfeier. Strafrechtlich sind die verantwortlichen Polizeiführer nie belangt worden, auch ließen sich einzelne Prügler in Uniform angeblich nicht ermitteln. Ausgeschöpft ist seit dieser Woche auch der zivilrechtliche Weg für die Betroffenen: Am Dienstag lehnte das Hamburger Landgericht per Urteil die Schmerzensgeldklage des Journalisten Sven Klein gegen die Stadt Hamburg ab.

Es ging um 10.000 Euro – für fünf Zähne, die Klein von einem Polizisten aus dem schleswig-holsteinischen Eutin ausgeschlagen worden waren. Die Stadt hat zivilrechtlich für rechtswidrige Polizei-Aktionen zu haften, auch wenn die Beamten aus einem anderen Bundesland kommen und kein konkreter Täter ermittelt werden kann. Im März bereits hatte das Gericht eine mündliche Beweisaufnahme durchgeführt, in der Klein die Ereignisse schilderte: Demnach war er von der gegenüberliegenden Straßenseite zur Hilfe geeilt, als Pfefferspray-Opfer tränenüberströmt und nach Luft hechelnd das Lokal verließen. „Ich bin rein ins Jolly und wollte für eine verletzte Frau Wasser zum Ausspülen der Augen am Tresen holen“, berichtete er.

Es habe sich schon alles wieder beruhigt gehabt, so Klein weiter, da sei eine Polizeieinheit im Gänsemarsch an ihm vorbei marschiert. Plötzlich habe sich ein Beamter umgedreht und ihm „aus heiteren Himmel“ mit einem Tonfa-Knüppel ins Gesicht geschlagen: „Ich erinnere, wie der Schlagstock auf mich zukam, das Nächste, was ich erinnere, ist, dass ich am Boden auf den Knien saß und Zähne ausspuckte.“

Der Sozialpädagoge und Pfarrer Robert S. bestätigte Kleins Angaben im März: Er habe in der Nähe gestanden, als ein Polizist zwei Schritte auf Klein zugekommen sei und ihm „frontal ins Gesicht geschlagen hat“, sagte S. „Er schlug einfach unvermittelt zu, er hätte auch mich schlagen können.“ S. berichtete später, bei seiner Vernehmung beim „Dezernat interne Ermittlungen“ ein Video von den Ereignissen gesehen zu haben. In dem Film habe die Attacke aber gefehlt: „Die Vernehmungsbeamtin sagte mir, die Batterie sei leer gewesen.“

Das Gericht gelangte zu der Auffassung, zu einer Verurteilung der Stadt reiche es nicht: Gerichtssprecherin Ruth Hütteroth verweist auf Widersprüche in Zeugenaussagen und Gedächtnisprotokollen. Für seine neuen Zähne hat Sven Klein 20.000 Euro ausgegeben – zusammengesammelt von anderen Fans des FC St. Pauli.  KVA