NRW wohnt bei Amis

US-Investor kauft Düsseldorfs Stadttor, die Herberge der Regierungszentrale von CDU-Ministerpräsident Rüttgers

Wohnt die Landesregierung neuerdings bei einer „Heuschrecke“? „Nein, das ist die komplett falsche Tonart“, sagt Helmut Kranzmaier, der für das US-Unternehmen Strategic Value Partners (SVP) in Deutschland spricht. Die Investmentfirma mit Hauptsitz im US-amerikanischen Bundesstaat Connecticut hat gerade das Düsseldorfer Stadttor gekauft. Über den Kaufpreis wurde „Stillschweigen“ vereinbart. In dem 1998 fertig gestellten Glaspalast residiert unter anderem die NRW-Staatskanzlei, die Regierungszentrale von CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers.

SVP verfolge mit dem Kauf des umgedrehten U‘s am Rhein eine langfristige Renditestrategie, sagt Sprecher Kranzmaier. Zuletzt hatte das Unternehmen die Pleite gegangene Herstellerfirma des WM-Maskottchens „Goleo“ übernommen. Von Heuschrecken also keine Spur? Muss der Mieter NRW – immerhin mit 110 Milliarden Euro verschuldet – keine Räumungsklage fürchten? „Das Stadttor hat eine gute und ausgewogene Mieterstruktur“, sagt Kranzmaier. Die Investoren erwarten von der Landesregierung offenbar keine wilden Partys und Rotweinflecken an den Wänden. Wischt Rüttgers alle zwei Wochen brav das Treppenhaus? Die Vorbesitzer – laut Lokalpresse teils Erben der Industriedynastie Henkel – hatten sich jedenfalls nicht über die Bewohner beschwert.

Erster Mieter des Stadttors war der damalige SPD-Ministerpräsident Wolfgang Clement. Er hatte 1999 den Umzug der Landesregierung in den modernen Glasbau beschlossen. Das Stadttor sollte für einen neuen Aufbruch in die Politmoderne stehen. Doch der Bürowechsel brachte kein Glück: Nach dem Umzug aus der staatseigenen so genannten „Villa Horion“ am Rheinufer musste NRW beinahe eine Viertel Million Euro Miete im Monat bezahlen, kritisierte die damalige CDU-Opposition.

Das Stadttor wurde zum Skandalthema. Ein Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags prüfte, ob ein Freund Clements für seine Vermittlertätigkeit beim Umzug mit lukrativen Landesaufträgen belohnt worden sei. Für die CDU ein klarer Fall von „Vetternwirtschaft“, selbst der grüne Koalitionspartner kritisierte das „egomanische Verhalten“ Clements. Dennoch residierte die NRW-Regierungszentrale auch unter den Nachfolgern Peer Steinbrück und Rüttgers im Stadttor. Das wird wohl auch so bleiben: Der Mietvertrag läuft angeblich noch 30 Jahre.

MARTIN TEIGELER