: Die Linke wirft der SPD Wahlbetrug vor
LEHRSTELLEN Die Sozialdemokraten hätten die versprochene Ausbildungsgarantie nicht umgesetzt. Es fehlten mindestens 2.500 Plätze. Die Behörde zweifelt das an und behauptet: „Alle kommen unter“
Es war ein Versprechen: Jeder Jugendliche solle entweder eine Berufsausbildung absolvieren oder Abitur machen, schrieb die SPD 2011 in ihr Wahlprogramm. Die Fraktion Die Linke will die Sozialdemokraten jetzt mit einem Vier-Punkte-Antrag an diese „Hamburger Garantie für Ausbildung und Arbeit“ erinnern. „‚Versprochen gehalten‘ trifft hier leider nicht zu“, sagt die Schulpolitikerin Dora Heyenn.
Die SPD war nicht untätig. Sie führte die „Jugendberufsagentur“ ein und behauptete im November bei der Ein-Jahres-Bilanz, diese sei erfolgreich. Denn während 2012 nur 25 Prozent der Abgänger der Stadtteilschulen sofort eine Lehrstelle fanden, waren dies 2013 knapp 39 Prozent. Die frühzeitige und systematische Begleitung der Jugendlichen trage „erste Früchte“, lobte Schulsenator Ties Rabe (SPD).
Doch dieser Jahres-Vergleich ist schief. Denn der Anteil der erfolgreichen Lehrstellenbewerber ist nur gestiegen, weil insgesamt weniger Jugendliche von der Schule abgegangen sind. Für 1.600 Neuntklässler, die sonst abgegangen wären, wurde 2013 das zehnte Schuljahr zur Pflicht. So sollen sie mehr schulische Förderung erhalten. Böse Zungen behaupten, man habe einen Teil der „Warteschleifen“ einfach in die Stadtteilschulen verlagert.
Für 2014 fällt dieser Effekt weg. Heyenn fürchtet eine Zuspitzung der Lage. Laut Arbeitsagentur sind im Mai fast zehn Prozent weniger Lehrstellen gemeldet worden – bei gestiegenen Bewerberzahlen. Berücksichtige man, dass 40 Prozent der Stellen an Umlandbewerber gehen, so fehlten für Hamburgs Jugendliche „mindestens 2.500 Ausbildungsplätze“.
Hinzu kommt, dass die Arbeitsagentur nur Bewerber zählt, die sie als „geeignet“ einstuft. So fielen 2013 fast die Hälfte der Jugendlichen, die sich bei der Jugendberufsagentur meldeten, als „Ratsuchende“ aus der Statistik. Dies müsse ein Ende haben, sagt Heyenn. „Wer einen Hauptschulabschluss hat, muss in Hamburg auch einen Ausbildungsplatz finden können“. Zur Finanzierung müsse eine Ausbildungsumlage her.
Der SPD-Politiker Jens Schwieger nennt dies „populistisch“. Seine Fraktion hat das Thema heute in der Bürgerschaft angemeldet. „Jeder Jugendliche kommt unter“, sagt Sozialbehördensprecher Marcel Schweitzer. Die Jugendberufsagentur habe einen Bedarf von 1.200 außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen ermittelt. „Die Zahl 2.500 ist uns nicht plausibel“, sagt er. Ein Jugendlicher gelte dann als Bewerber, wenn er eine „begründete Berufswahl“ habe, die seinen Fähigkeiten entspreche.
Die Plätze reichten bloß aus, weil diese wenig bekannt seien und es „künstliche Hürden“ wie den Nachweis erfolgloser Bewerbungen gebe, hält die Linke dagegen. Wer behaupte, die Jugendlichen seien orientierungslos oder hätten überzogene Vorstellungen, schiebe ihnen den schwarzen Peter zu, sagt Heyenn. So werde ein objektives Problem in „ein subjektives unserer Jugendlichen“ verkehrt. KAIJA KUTTER