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Archiv-Artikel

Spreepark soll Öko-Hochschule werden

Fünf Studenten planen auf dem verwaisten Gelände des Vergnügungsparks im Plänterwald einen Lehr- und Forschungsbetrieb für alternative Landwirtschaft. Als Investoren sind sie noch unerfahren. Sponsoren sollen helfen

„Das Gelände mit den hunderte Jahre alten Eichen ist geradezu idealtypisch geeignet“

Für den Spreepark im Plänterwald gibt es fünf Jahre nach der Schließung wieder einen neuen Interessenten. Die „Projektgruppe Permakultur“ – das sind fünf Studenten der Fachrichtung Permakulturdesign an der privaten Akademie Huntlosen in Niedersachsen – will auf dem verwaisten Vergnügungsparkgelände die erste Hochschule für Permakultur in Deutschland mit staatlicher Anerkennung errichten.

Das Konzept steckt noch in den Kinderschuhen. Permakultur ist aus der ökologischen Landwirtschaft hervorgegangen und hat ein Wirtschaften mit erneuerbaren Energien und naturnahen Stoffkreisläufen im Sinne einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Nutzung zum Ziel.

„Das Gelände im Plänterwald mit den hunderte Jahre alten Eichen ist geradezu idealtypisch geeignet“, schwärmt Tobias Mosner von der Projektgruppe. „Hier tummeln sich im Herzen Berlins Fischreiher auf der stillgelegten Wildwasserbahn. Frösche quaken in morastigen Tümpeln. Die Natur hat sich städtischen Raum zurückerobert.“ Seit 2001 steht der Spreepark im Südosten der Stadt leer. Das Land Berlin suchte bisher vergeblich einen neuen Investor für das Areal, auf dem 1969 der Kulturpark der DDR errichtet wurde.

Die vorhandenen Gebäude will die Projektgruppe für den Lehrbetrieb und zum Wohnen für Studenten wie für die Bewohner des Westerndorfs nutzen. „Größere Umbauten planen wir nicht. Es werden lediglich Reparaturarbeiten und Wärmedämmungen nötig sein“, sagt Daniel Engstler von der Gruppe. Das Gebiet um den See und die Wildwasserbahn soll nach ihren Vorstellungen vollständig naturiert und zum Naturschutzgebiet erklärt werden.

Das Riesenrad soll wieder in Betrieb gehen und auf der Festbühne sollen Konzerte und Seminare über ökologische Themen stattfinden. Die Schaustellerbuden will man in Hörsaal, Seminargebäude, Mensa und Gewächshäuser umwandeln. „Die Kosten können wir geringhalten“, sagt Engstler.

Wären da nur nicht Grundschulden in Höhe von 11 Millionen Euro, mit denen das Grundstück belastet ist. In dieser Höhe hatte der ehemalige Spreeparkbetreiber Norbert Witte, der Ende 2001 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit einigen Fahrgeschäften nach Peru durchgebrannt ist und inzwischen in Berlin in Haft sitzt, das Grundstück beliehen.

Seit Wittes spektakulärer Flucht haben Achterbahn, Kaffeetassenkarussell und Kartenhäuschen Rost und Vegetation angesetzt. Namhafte Betreiber von Vergnügungsparks wie die Franzosen Grévin & Cie. und Tivoli aus Kopenhagen verhandelten mit dem Senat über die Übernahme des Parks, zogen aber letztlich ihre Angebote zurück. Als Grund gab Tivoli vor gut einem Jahr die schlechte wirtschaftliche Lage in Berlin an.

Mit den Behörden haben die Studenten bisher noch nicht über einen Kauf des Spreeparks gesprochen. Sowohl der Berliner Liegenschaftsfonds, der mit einem Investor die Verhandlungen führen muss, als auch das Bezirksamt Treptow-Köpenick hören von der taz zum ersten Mal von dem Vorhaben und wollen sich deshalb auch nicht dazu äußern. „Es gibt allerdings im Moment keinen anderen ernsthaften Interessenten“, sagt Irina Dähne vom Liegenschaftsfonds. Daniel Engstler von der Projektgruppe: „Wir wollen erst die Resonanz auf unser Projekt in der Öffentlichkeit testen und Sponsoren suchen.“

Am 17. Januar planen die als Investoren unerfahrenen jungen Leute im Treptower Rathaus eine öffentliche Präsentation, zu der Behörden und Anwohner eingeladen werden. Bis dahin wollen sie auch mit einem Schweizer Investor, der Interesse gezeigt habe, Nägel mit Köpfen machen. Sie träumen zudem davon, dass die Gläubigerbanken ihnen die Grundschuld erlassen könnten und ihre Forschungseinrichtung öffentliche Fördermittel und Unterstützung von Lobbygruppen aus der Ökobranche bekommen würde.

Die Bürgerinitiative im Plänterwald, die sich für umweltverträgliche Konzepte engagiert hatte, ist begeistert von dem Projekt. „Wir freuen uns, dass die Diskussion mal eine neue Richtung bekommt. Das ist besser, als wenn die Behörden auf einen imaginären Investor für einen Vergnügungspark warten würden, der ohnehin nie kommen wird“, sagt Erhard Reddig vom Bürgerkomitee Plänterwald.

Lisa Paus von den Grünen ist hingegen skeptisch. „Ein Lehr- und Wohnbetrieb für Studenten würde voraussetzen, dass der bisherige Festplatz im Landschaftsschutzgebiet planungsrechtlich umgewidmet wird. Wer sagt uns, dass dann nicht die Gläubigerbanken die Gelegenheit beim Schopfe packen und Stadtvillen im Wald errichten?“ Planungsrechtlich mache das leider keinen Unterschied. Marina Mai