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Archiv-Artikel

Die eigene Handschrift

Eines der großen Versprechen von elektronischer Musik ist immer schon das Erfinden neuer Welten gewesen: Mit den Synthesizern kamen Klänge auf, die man so noch nicht gehört hatte, die von Entdeckungen kündeten. Das ist nach mehr als einem halben Jahrhundert elektronischer Musik zwar schwieriger geworden, inzwischen gibt es jede Menge eingespielter Konventionen und Klischees; das Ausloten ungenutzter Möglichkeiten bleibt aber weiter Antrieb vieler Künstler.

Der in Berlin lebende Musiker Ame Zek etwa hat, statt einen elektronischen Gerätepark anzuhäufen, seine Ausrüstung mit den Jahren immer stärker eingeschränkt, auf der Suche nach ganz bestimmten Klängen, „seinen“ Klängen, die aus der genauen Kenntnis der Instrumente stammen und für die es nicht schon irgendeine vorgefertigte Software gibt. „Rostfrei“ nennt er sein Album, das aus dieser Versenkung und Reduktion hervorgegangen ist. Die abstrakten Stücke darauf klingen auf freundliche Weise spröde, sind in sich gekehrt, ohne sich abweisend zu geben. Fast scheinen sie zu sagen: „Komm her, wenn du willst. Doch niemand zwingt dich.“

Dass Ame Zeks Elektronik-Entwurf keine eckige Maschinen-Musik bietet, sondern mit dicht gewirkten, seltsam lebendigen Frequenzen überrascht, könnte an seinen Inspirationen liegen: Der aus Dalmatien stammende Zek wurde in seiner Kindheit und Jugend von der folkloristischen Musik der Region geprägt, die rhythmisch komplex und von Flöten- und Gesangsstimmen beherrscht war.

Konventioneller geht der junge Produzent Patrick Gräser alias Answer Code Request auf seinem Debütalbum „Code“ vor. Was zunächst einmal daran liegt, dass Gräser sich im Vokabular von Techno bewegt, einem Genre, das nach wie vor in Bewegung ist, sich von einigen Elementen allerdings nicht ohne Grund verabschieden sollte. Der stoisch pumpende Beat insbesondere hat sich auf der Tanzfläche als nützlich erwiesen.

Trotzdem ist „Code“ alles andere als ein formelhaftes Techno-Album geworden, sondern probiert verschiedene Klangsprachen und sogar Rhythmen aus. Die Synthesizer lassen hier und da an vernebelten Ambient oder spielerisches IDM-Geflirre denken, und neben dem geraden gibt es durchaus mal einen Breakbeat. In der Auswahl der Bestandteile vermeidet es Gräser dabei, beliebig zu werden. Auch darin zeichnet sich eine Handschrift ab. TIM CASPAR BOEHME

■ Ame Zek: „Rostfrei“ (Keep It Business/Cargo)

■ Answer Code Request: „Code“ (Ostgut Ton/Kompakt), Record Release -Party am 7. 6., Berghain