Reedereien auf großer Fahrt

Die Flotte wächst, die Containerschifffahrt boomt, der Welthandel nimmt weiter zu: Zufriedenheit kennzeichnet die Stimmung beim Verband Deutscher Reeder. Sorgen bereitet einzig der Mangel an ausgebildetem Nachwuchs

Optimismus kennzeichnet die Stimmungslage bei den Reedern in Norddeutschland. 2006 sei „ein positives Jahr gewesen“, resümierte der Vorsitzende des Verband Deutscher Reeder (VDR), Frank Leonhardt, gestern bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Hamburg. Und die Aussichten in die nahe Zukunft seien gleichfalls rosig.

Die Handelsflotte ist in diesem Jahr um rund zehn Prozent auf exakt 2.988 Schiffe angewachsen, weitere 727 Neubauten sind bei Werften in Auftrag gegeben worden. Bei einem ungebrochenen Wachstum des Welthandels, das in diesem Jahr bei 8,9 Prozent liegen dürfte, ist dem Dachverband von etwa 250 deutschen Reedereien um die Zukunft nicht bange.

Speziell in der Containerschifffahrt rechnet der VDR auf den wichtigsten Fahrtgebieten zwischen der EU und Ostasien im kommenden Jahr mit zweistelligen Zuwächsen. Weltweit würden „immer mehr Waren ausgetauscht und mit dem umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiff befördert“, freute sich Leonhardt. Deshalb ist der Verband überzeugt, dass in der Containerschifffahrt keine Überkapazitäten drohen. Der Auftragsbestand könnte, so die leise Befürchtung, „eventuell sogar zu knapp bemessen sein“.

„Der Standort Deutschland nutzt seine Potenziale und expandiert“, sagte Leonhardt. Nicht zuletzt, weil auf der Nationalen Maritimen Konferenz am Montag in Hamburg „die politischen Rahmenbedingungen erneuert und zukunftssicher ausgestaltet worden“ seien, wie es der VDR-Hauptgeschäftsführer Hans Heinrich Nöll formulierte. Deshalb würden weitere Arbeitsplätze entstehen über die seit 2003 „an Land und auf See“ geschaffenen 5.000 hinaus.

Sorgen bereitet den Reedern allerdings der mangelnde Nachwuchs. Auf „600 nautische Absolventen pro Jahr“ beziffert der VDR den Bedarf, in diesem und dem nächsten Jahr sei aber nur mit 350 Abgängern von den sechs Seefahrtschulen im Norden zu rechnen. Speziell bei Schiffsmechanikern und Ingenieuren seien aber „eine Menge hochqualifizierter Arbeitsplätze zu vergeben“. Als Sofortmaßnahme fordert der Verband, den Numerus Clausus an den Seefahrtschulen abzuschaffen. „Hilfreich“ sei die Zusage Hamburgs, sich an den Ausbildungsstätten Flensburg und Warnemünde finanziell zu beteiligen. Die Hansestadt, die ihre Hochschule Anfang der 90er Jahre schloss, will bei den Nachbarn die Kosten für rund 40 neue Studienplätze übernehmen. SVEN-MICHAEL VEIT