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Archiv-Artikel

Unbedingt vielgründig dafürdagegen

Wie nur abstimmen? Die innere Zerrissenheit in einer verwirrenden Debatte

Von MÜLL

Ich werde gegen das Bauhaus stimmen, weil es bis heute kein Nutzungskonzept gibt und das Ganze womöglich nur der Touristenwerbung dient. Quatsch – ich bin dafür, weil eine solche Chance nie wieder kommt, und auf Inhalte werden wir schon noch Einfluss nehmen. Nein zum Bauhaus, weil sich der „kleine Sonnenkönig von Aachen“, OB Linden, nach 17 Jahren Amtszeit nur ein eigenes Denkmal setzen will. Im Gegenteil: Ich bin mit dem OB dafür, weil das Bauhaus „kluge Köpfe in die Stadt holt“ (endlich mal).

Nein!, weil das nervende Thema nur dann endgültig erledigt ist. Ja!, damit ich meinem Sohn vor dem Europa-Tempel stehend anschaulich erklären kann, warum er nicht mehr mit Yunus und Zarah spielen kann (Tagesstätte dicht) und unsere Pleitestadt voller Dreck ist. Ich bin aus gleichem Grund dafür, nur ohne Spott: Diese mutige Investition wird sogar noch Gewinne abwerfen für neue Schul- und Kulturfördermittel. Und Motor sein für neue, private Investitionen.

Nein, weil Aachens nibelungentreue Grüne aus Koalitionsräson so scheingeschlossen dafür sind (und ich über die Bauchschmerzen einzelner genau Bescheid weiß). Ja, weil ich die Ablehnung der bigotten CDU (nach anfänglichem Ja) als wahltaktisches Manöver durchschaue. Nein, weil das Projekt eine Verschandelung der historischen Altstadt ist. Unfug, das ist doch ein hinreißendes architektonisches Glanzstück. Nein, weil der Glaskasten eine unzeitgemäße stromfressende Ökosünde ist (und womöglich RWE einer der Geheimsponsoren, der sich das Geld locker zurückverdient).

Dagegen sein wegen des ewigen Aachener Europakults? Aber ja! Aber nein, im Gegenteil: Dieser künstliche Kult rund um den Völkermörder Kaiser Karl erhält endlich mal lebensnahe, frische Ergänzungen rund um ein sexy Europa. Nein zum Bauhaus, weil mich die Touristenmassen in der City jetzt schon nerven und ich nicht mehr weiß, wohin ich am Wochenende flüchten soll. Ja zum Bauhaus, weil ich kein miesepetriger Kleingeist sein will, der nur dem Establishment eins auswischt. Nein, weil eine dermaßen mutlose, zerrissene Stadt ein solch tolles Begegnungszentrum nicht verdient hat.

Oder das hinterhältigste Argument: Als leidenschaftlicher Gegner werde ich für das Bauhaus stimmen, weil ich nur so die Chance habe, beim sicheren Bauhaus-Desaster einmal sagen zu können: Da seht Ihr Schönredner mal, das haben wir Mahner doch immer schon prophezeiht. Alles klar? MÜLL