Westfalen gefallen
Fußball-Drittligist Rot-Weiss Ahlen setzt neuerdings auf Tradition – am Samstag gegen Düsseldorf mit Erfolg
AHLEN taz ■ Der langjährige Makeupclub Rot-Weiss Ahlen hat seine Geschichte wiederentdeckt. Vor dem Heimspiel am Samstag gegen Fortuna Düsseldorf wurden im Wersestadion verdiente Vereinsmitglieder geehrt. „Einige für 50- oder 60-jährige Mitgliedschaft“, jubelte der Stadionsprecher und die gut 2.000 Ahlener unter den 4.200 Zuschauern klatschten stolz.
60 Jahre Rot-Weiss Ahlen? Nicht ganz. Erst im Sommer war der frisch aus der zweiten Bundesliga abgestiegene Zweitligist LR (Leichtathletik und Rasensport) in RW Ahlen umbenannt worden – mit dem Namenswechsel zog sich auch Ahlens großer Zampano Helmut Spikker zurück. In Anlehnung an Spikkers Kosmetikfirma „LR – Lady Racine“ war Ahlen seit den 90ern unter dem Vereinsnamen „LR – Leichtathletik Rasensport“ angetreten – und wurde in seinen sechs Jahren Zweitklassigkeit neben Wolfsburg und Leverkusen zum Inbegriff für gekauften Plastikfußball. Nun ist die Schminke ab: Ahlen setzt jetzt auf Tradition. Stolz verweist man in der früheren Zechenstadt auf Vorgängerclubs wie den Freien Sportclub Union (FSCU) Ahlen, der 1933 von den Nazis verboten wurde, weil zuviele Ausländer und linke Arbeiter in seinen Reihen kickten.
Sportlich funktionierte der Rückgriff auf alte Malochertraditionen recht gut. Die Ahlener Drittligaelf arbeitete den Favoriten aus der Landeshauptstadt verdient mit 4:1 (2:0) nieder. Die Münsterländer haben sich nach dem Abstieg konsolidiert und bieten eine clevere, konterstarke Mannschaft auf, die kein Problem damit hat, sich mitunter längere Zeit vor dem eigenen 16-Meter-Raum zu verbarrikadieren. Im Trainer-Sprech der Regionalliga sagt man dann gerne: „Die stehen kompakt und haben eine reife Spielanlage.“
Düsseldorf rannte konzept- und ergebnislos an gegen die gefälligen Westfalen; Ahlen war mit seinen Offensivspielern Joseph Laumann und Oliver Glöden 90 Minuten lang besser. Bei einem Teil der 2.000 angereisten Düsseldorfer führte dies zu akuter Übellaunigkeit – sie prügelten sich mit der überfordert und aggressiv auftretenden Polizei, die ausgerechnet nach dem Ahlener 3:0 in den Fortunablock marschiert war, um vermeintliche Randalierer abzuführen.
„Ich bin extrem stolz auf meine Mannschaft“, freute sich Ahlens Trainer Heiko Bonan nach Spielende über den souveränen Heimsieg. Der frühere Bochumer Profi hatte die Elf im November von Bernard Dietz übernommen. Die Formschwankungen sind seitdem geringer geworden. Mit 25 Punkten haben die Rot-Weissen ein kleines Polster vor der Abstiegszone. Aber auch die Aufstiegsplätze sind nur sechs Punkte entfernt. Von LR jedenfalls spricht niemand mehr in Ahlen. MARTIN TEIGELER