: Unorthodoxe Kontraste unter freiem Himmel
KLASSIK Nach Berlin und an die Ostsee locken klang- wie farbenvolle Sommerabende
■ Klassik Open Air in der Kulturbrauerei Berlin: www.klassik-open-air.de
■ Festspiele Mecklenburg-Vorpommern: www.festspiele-mv.de
■ Kunstklang Feuchtwangen: www.kunstklang-feuchtwangen.de
■ Salzburger Festspiele: www.salzburgerfestspiele.at
■ Bayreuther Festspiele: www.bayreuther-festspiele.de
■ Musikfest Berlin: www.berlinerfestspiele.de > Musikfest Berlin > Programm
VON GORAN CUBRILO
War früher alles besser? Wenn man dem Schwarm der Genießer folgt, scheint das zumindest für klassische Kompositionen zu gelten. Klassik boomt: Konzerte, Opern und Operetten ziehen jeden dritten Besucher an. Das sind deutlich mehr, als zu Rock, Pop und Musicals pilgern. Vor allem Sommerklassikkonzerte an reizvollen Orten sind gefragt. In Berlin und Mecklenburg-Vorpommern finden diesen Sommer zwei Festivals statt, die klang- und farbenvolle Sommerabende versprechen: Klassik Open Air in der Kulturbrauerei (13. bis 17. August) und die Mecklenburg-Vorpommern Festspiele (20. Juni bis 21. September).
Die Konzerte des kleineren Berliner Festivals finden im Innenhof der Kulturbrauerei statt, der für diesen Anlass zur großen Open-Air-Bühne umgebaut wird. Das Programm besteht aus fünf thematischen Konzertabenden, die neben den vertrauten klassischen symphonischen Besetzungen und Werken auch weniger geläufige musikalische Zusammenhänge präsentieren werden. So vereint das letzte Konzert die Gesangskunst des Countertenors Jochen Kowalski mit der Improvisationskunst des Wolfgang Köhler Jazz Quintetts: Gemeinsam interpretieren sie Arien von Bach, Händel und weiteren Barockkomponisten. Ungewöhnlich ist auch schon das zweite Konzert, die Petersburger Nächte. Darin werden unter anderem zwei selten zu hörende Orchesterwerke des georgisch-sowjetischen Komponisten Aram Chatschaturjan aufgeführt: die Suite Maskerade und das Violinkonzert – es gehört zu den bedeutendsten modernen Werken dieser Gattung.
Der Eröffnungsabend bietet hochkarätige Opernsymphonik: eröffnet mit der Ouvertüre zu Richard Wagners Tannhäuser, gemischt mit Opernarien von Wagner, Tschaikowski, Verdi und Puccini. Eine symphonische Reise durch Europa steht mit dem vierten Abend im Programm, mit Werken von Dvorak, Mascagni, Liszt, Beethoven, Borodin, Johann Strauss II, Mahler, Smetana und Mussorgski. Unter den Werken befinden sich zwei große Publikumsfavoriten: Mahlers Adagietto für Streichorchester und Harfe, vielen als Filmmusik in Viscontis „Tod in Venedig“ bekannt, und Smetanas Moldau.
Die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern bieten in diesem Sommer ein dreimonatiges Programm mit nicht weniger als 127 Veranstaltungen auf 86 Spielstätten an. Ihr besonderer Reiz liegt eindeutig in der gelungenen Verbindung von Landschaft und Architektur – mit facettenreichen und auch unorthodoxen musikalischen Darbietungen. Das Programm ist in Reihen und Themen gegliedert, von denen manche den landschaftlichen, die anderen eher den musikalischen Aspekt betonen. So lädt die Konzertreihe „Open Air – Unter freiem Himmel in MV“ in den Park von Schloss Bothmer, in die durch die Gemälde Caspar David Friedrichs weltberühmt gewordene Greifswalder Ruine Eldena und in die Klosterruine Dargun. Die Musikprogramme sind passend gewählt: In der Ruine Eldena etwa werden die Chor- und Blechblasensemblewerke der deutschen Romantik, unter anderen von Carl Maria von Weber und Felix Mendelssohn-Bartholdy gespielt.
Zwei weitere in ihrer Verbindung des Landschaftlichen und des Musikalischen besonders reizvolle Reihen sind „360 Grad Streichquartett“ und „Pavillon der Epochen“. Die erste Reihe besteht aus drei Streichquartettkonzerten, die in drei aufeinanderfolgenden Abenden in einem der bedeutendsten Renaissancebauwerke Mecklenburgs, dem Schloss Ulrichshusen, stattfinden. Am ersten Abend spielt zuerst das Belcea Quartett zwei groß angelegte kammermusikalische Werke von Johannes Brahms (Streichquartett c-moll, op. 51) und Franz Schubert (Streichquintett C-Dur, op. 163), strahlende wie schwermütige „existenzielle“ Romantik im kammermusikalischen Format. Danach trägt das Artemis Quartett ein Kontrastprogramm aus Barock und Tango Nuevo vor – Johann Sebastian Bach trifft auf Astor Piazzolla. Die folgenden Abende sind ebenso bunt und kontrastreich: Zu hören sind Werke, die vom klassischen und romantischen Streichquartett Mozarts, Schuberts und Mendelssohns bis zu der kammermusikalischen Moderne Bartoks, Janaceks, Schulhoffs und Kurtags reichen.
Der „Pavillon der Epochen“ bringt Konzerte zusammen, die jeweils der musikalischen Romantik und der Wiener Klassik gewidmet sind. Besonders erwähnenswert: Im Rahmen des „Pavillons der Romantik“ spielt Martin Stadtfeld in der Schweriner Schelfkirche manchmal intime, manchmal hochvirtuose Klaviermusik von Schumann, Liszt und Schubert, während Igor Levit im Rahmen des „Pavillons der Wiener Klassik“ im Schloss Ulrichshusen ein Kontrastprogramm mit großen Klavierwerken Beethovens und Schostakowitschs darbietet.