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Archiv-Artikel

Betr.: Ghofran

Als der Krieg in unser Dorf kam, sind wir geflohen. Wir waren zwei Tage mit dem Bus unterwegs, und mein Vater musste dem Fahrer viel Geld für die Fahrt geben. Es ist das erste Mal, dass ich meine Heimat verlassen habe. Wir wohnen jetzt alle in einem Zelt und schlafen dort. Tagsüber kümmere ich mich um meine Geschwister oder sammle Holz für den Ofen. Mein Vater ist jetzt öfter bei uns als früher. In Aleppo war er Maurer, hier im Libanon findet er nicht jeden Tag Arbeit. Wenn in unserem Dorf kein Krieg mehr ist, will ich sofort zurück. An den meisten Tagen geht es mir ganz gut hier, nur meine Freunde fehlen mir. Was sie wohl machen? Wenn ich nachts nicht schlafen kann, stelle ich mir vor, wie unser Haus jetzt aussieht und wer wohl in unserer Wohnung lebt. Zu Hause bin ich in die fünfte Klasse gegangen, mein Lieblingsfach war Arabisch. Die Geschichten in unserem Lesebuch mochte ich am meisten. Wenn wir zurück in Syrien sind, möchte ich Lehrerin werden. Was für eine? Es kommt wohl darauf an, welche Fächer ich studiere, habe ich gehört. Ich versuche jeden Tag, mich an die Dinge zu erinnern, die ich in der Schule gelernt habe, aber ich habe schon viel vergessen. Das werde ich alles nachholen müssen, sobald wir zurück sind. Ich schaffe das schon, meinen Mitschülern wird es ja genauso gehen.

Ghofran, zwölf Jahre alt, aus Aleppo, lebt seit zehn Monaten im Camp Kfar Zabad, Libanon