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Archiv-Artikel

Feuertod in der Klinik

Bei Bränden in drei russischen Krankenhäusern werden 54 Menschen getötet. Kritik am Verhalten des Personals

MOSKAU taz ■ Bei einem Feuer in der größten Drogenklinik Russlands starben am Wochenende 45 Frauen. Zwölf Verletzte befinden sich noch in stationärer Behandlung. In der am südwestlichen Stadtrand Moskaus gelegenen Klinik Nummer 17 war in der Nacht zu Sonnabend ein Feuer ausgebrochen. Nach ersten Ermittlungen geht das Notstandsministerium davon aus, dass Brandstiftung die Ursache gewesen sein könne.

Zum Zeitpunkt der Katastrophe hielten sich 177 Patienten und 15 Betreuer in dem Gebäude auf. Das Feuer brach in der Kantine in der zweiten Etage des fünfgeschossigen Gebäudes aus. Aufgrund der hochgiftigen Rauchentwicklung der Wandverschalungen aus Plastik sollen die Insassen binnen Kurzem das Bewusstsein verloren haben. Vizeminister Alexander Tschuprin deutete an, dass sich das Krankenhauspersonal wohl nicht „ganz angemessen“ verhalten habe. Die Mitarbeiter meldeten den Brand erst spät und brachten sich dann in Sicherheit.

Andrei Kotow, der das Inferno überlebte, sagte gegenüber der Agentur Interfax: „Die Ärzte haben uns geweckt und gesagt, wir sollten unsere Sachen zusammensammeln und runterlaufen.“ Feueralarm oder andere Signale hätte er nicht gehört. Die Rettungsaktion sei wie ein Lottospiel gewesen. Denn die Schlüssel für die verschlossenen Türen lagen alle auf einem riesigen Haufen. „Findet man auf Anhieb den richtigen, bist du gerettet.“ Den Frauen in der zweiten Etage sei das nicht gelungen. Sie hätten um Hilfe gerufen, aber niemand kümmerte sich darum.

Dass in der Klinik die Brandschutzbestimmungen weder eingehalten noch bauliche Veränderungen vorgenommen wurden, war den Behörden bekannt. Bereits im März verwarnte ein Moskauer Gericht die Klinikleitung. Die Gesundheitsbehörde soll sich aber geweigert haben, Gelder für den Umbau zur Verfügung zu stellen.

Bei einem Brand in einer neurologischen Klinik in der Nähe von Kemerowo in Sibirien starben am Sonnabend 9 Patienten, 11 wurden verletzt. Erst anderthalb Stunden nach Ausbruch des Feuers wurde die Feuerwehr verständigt. Angeblich versuchten die Insassen, den Brand eigenhändig zu löschen. Auch in einer neurologischen Klinik in Twer brach am Wochenende ein Feuer aus, bei dem indes niemand zu Schaden kam.

KLAUS-HELGE DONATH