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Archiv-Artikel

Holocaust-Konferenz in Teheran eröffnet

Irans Außenminister spricht von Novum der sachlichen Untersuchung des Holocausts. Scharfe Kritik aus dem Westen

TEHERAN dpa/ap ■ In der iranischen Hauptstadt Teheran ist am Montag eine zweitägige „Holocaust-Konferenz“ von Außenminister Manuchehr Mottaki eröffnet worden. An ihr nehmen nach offiziellen Angaben mehr als 60 ausländische Gäste aus 30 Ländern teil. Hierbei handele es sich nur um Wissenschaftler und Meinungsforscher, nicht um Neonazis, wurde betont. Angeblich reisten auch mehrere Teilnehmer aus Deutschland an.

Außenminister Mottaki sagte in seiner Eröffnungsrede: „Wir wollen nur einen Teil der Geschichte im Zweiten Weltkrieg klarstellen, aber dafür werden wir vom Westen als Unterstützer der Nazis und als Antisemiten dargestellt.“ Er bezeichnete die Konferenz als ein Novum in der sachlichen Untersuchung des Holocausts, das künftig auch zur Bildung einer sogenannten Tatsachenfindungskommission zu dem Thema führen könnte.

Ziel der Konferenz sei ein „freier Meinungsaustausch über ein historisches Thema“, sagte Rassul Mussawi, Leiter des Instituts für Politische und Internationale Studien, das die Tagung veranstaltet. Das Institut ist dem Außenministerium angegliedert. Die Konferenz biete die Möglichkeit, Fragen zum Holocaust ungeachtet westlicher Tabus zu diskutieren, sagte Mussawi. Es gehe weder darum, den Holocaust zu leugnen, noch ihn zu beweisen.

Iranische Juden äußerten sich empört über die Konferenz. Maurice Motamed, der einzige jüdische Abgeordnete im iranischen Parlament, bezeichnete die Konferenz als Beleidigung der Juden im Iran und weltweit. „Diese mehrfach historisch bewiesene Tatsache in Frage zu stellen, hat uns alle sehr empört“, sagte Motamed.

Präsident Mahmud Ahmadinedschad nahm an der Eröffnungszeremonie nicht teil, wollte die Teilnehmer am Montagabend oder am Dienstag jedoch persönlich empfangen. Er hatte in der Vergangenheit mit Äußerungen, der Holocaust sei „ein Märchen“, und der Forderung, Israel nach Europa zu verlegen, weltweit für Empörung gesorgt.

Die Bundesregierung hatte noch in der vergangenen Woche ihren Unmut über die Konferenz geäußert und den iranischen Geschäftsträger ins Auswärtige Amt einbestellt. Die israelische Regierung verurteilte gestern die Holocaust-Konferenz als „schamlos“. Die Stellungnahmen des iranischen Präsidenten stünden in klarem Widerspruch zu den historischen Fakten. „Indem er den Holocaust leugnet oder in Frage stellt, untergräbt er den Grundsatz universeller Menschenrechte, die von der internationalen Gemeinschaft nach und wegen der Schoah entwickelt wurden“, erklärte die Regierung.

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