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Archiv-Artikel

Handys für Polizisten

Das Innenministerium entscheidet morgen über ein modernes Funksystem. Doch der Preis ist zu hoch

BERLIN taz ■ Auch Polizeibeamte sollen am technischen Fortschritt teilnehmen: morgen entscheidet das Bundesinnenministerium darüber, ob mit dem Aufbau eines digitalen Funksystems für alle Sicherheitsbehörden begonnen wird.

Deutschland ist neben Albanien das letzte europäische Land, in dem Sicherheits- und Rettungsbehörden noch mit überalterten und störanfälligen analogen Systemen funken. Bereits seit Mitte der 90er-Jahre drängen deutsche Sicherheitsexperten auf die Einführung eines modernen digitalen Polizeifunks, der alle Sicherheitsdienste miteinander verbinden soll. Der Digitalfunk ist verschlüsselbar und gilt als abhörsicher. Ein Albtraum für Gauner und Sensationsjournalisten.

Ursprünglich sollte das deutsche System bereits zur diesjährigen Fußball-Weltmeisterschaft einsatzbereit sein. Doch Finanzierungsgerangel zwischen Bund und Ländern hatte dies verhindert. Kontinuierlich war das ursprünglich auf acht bis neun Milliarden Euro bilanzierte Projekt auf rund drei Milliarden reduziert worden – ohne dass es dabei zu einer Einigung gekommen ist.

Im Alleingang hatte Exbundesinnenminister Otto Schily (SPD) daher im Februar 2005 den Aufbau eines „Rumpfnetzes“ beschlossen. Ohne die sonst übliche Ausschreibung vergab er den Auftrag an die Bundesbahn-Tochter DB-Telematik.

Der unkonventionelle Handschlag zwischen Schily und Bahnchef Mehdorn rächt sich nun, denn das Angebot, um das es morgen gehen soll, liegt mit 5,1 Milliarden Euro fast doppelt so hoch wie eigentlich mit den Ländern vereinbart. Die sei das letzte Angebot, heißt es bei der DB-Telematik. Es gelte bis zum März 2007. Sollte das Innenministerium unter Wolfgang Schäuble (CDU) es ablehnen, müsste der Auftrag neu ausgeschrieben werden. Der derzeit geplante Starttermin 2010 wäre dann nicht mehr zu halten.

Bereits im Sommer hatte die DB-Telematik ein Angebot unterbreitet, doch schon damals lagen die Vorstellungen von Preis und Leistung um einige Milliarden Euro auseinander. Zudem, so Thomas Adling, Projektleiter im BMI, erfüllte es in keiner Weise die Erwartungen.

Beim vorliegenden Angebot hat sich inhaltlich nicht viel geändert. Eher sieht es so aus, als seien Kosten einfach umverteilt worden, denn die Endgeräte für die einzelnen Beamten und Beamtinnen sind im Preis gar nicht mehr enthalten. Für deren Beschaffung sind die einzelnen Bundesländer zuständig. Experten rechnen hierfür mit weiteren Zusatzkosten von rund 500 Millionen Euro.

Ungeklärt ist derzeit auch noch, ob die Länder aus ihrem Bestand genügend kostenlose Standorte für gesicherte Sendemasten bereitstellen können. Falls zusätzliche Grundstücke angemietet werden müssen, schlägt dies noch einmal mit schätzungsweise 10.000 Euro pro Jahr zu Buche. Einzelne Bundesländer haben denn auch schon angekündigt, das Angebot nicht zu akzeptieren.

OTTO DIEDERICHS