: Islamisten auf Siegeszug
IRAK Vormarsch der auch in Syrien kämpfenden Isis geht ungehindert weiter. Nach Mossul fällt auch Tikrit, die Geburtsstadt Saddam Husseins
PROPAGANDAMAGAZIN
BAGDAD/BERLIN dpa/ap/taz | Mit ihrem Vormarsch in Richtung Bagdad hat die islamistische Gruppe Isis (Islamischer Staat von Irak und Syrien) den Irak in die schwerste innenpolitische Krise seit Jahren gestürzt und ist dabei, das regionale Kräfteverhältnis zu verschieben. Nach der Eroberung der nordirakischen Millionenmetropole Mossul, die am Dienstag von Isis-Kämpfern gestürmt wurde, eroberten die Isis-Kämpfer am Mittwochnachmittag Tikrit, die Geburtsstadt von Saddam Hussein. Die Kämpfer machten sich in den Palästen des Exdiktators breit, stürmten ein Gefängnis und ließen rund 300 Gefangene frei. In Tikrit leben derzeit noch rund 100.000 Menschen.
Am Abend wurde gemeldet, die Islamisten stünden bereits in der Stadt Samarra, 125 Kilometer nördlich von Bagdad. Das Vorgehen der Islamisten löste international Besorgnis aus. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) flohen nach dem Fall Mossuls rund 500.000 Menschen vor den Extremisten. Sie hätten ihre Wohnhäuser aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen verlassen, hieß es. Der für Notstandsmaßnahmen zuständige Direktor bei Human Rights Watch, Peter Bouckaert, sagte, die Isis habe auf ihrem Feldzug große Waffenarsenale der irakischen Armee erbeutet. Die Waffen könne Isis nun in das Bürgerkriegsland Syrien einschleusen. Dort kämpft Isis gegen das Regime von Diktator Baschar al-Assad, allerdings auch gegen andere Rebellen.
Nach Angaben der irakischen Polizei stürmten Isis-Kämpfer am Mittwoch das türkische Konsulat in Mossul, entführten den Konsul sowie zahlreiche seiner Mitarbeiter. Insgesamt sollen 48 Geiseln in der Hand der Kämpfer sein, die meisten von ihnen türkische Lastwagenfahrer. Die Kämpfer der Isis brachten ferner große Teile der Regionen Ninive, Anbar und Salah ad-Din nordöstlich von Bagdad unter ihre Kontrolle, berichtete der Nachrichtensender al-Dschasira
Als strategisch wichtigen Ort eroberten Isis unter anderem auch Baidschi, rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad, wie Medien berichteten. Dort brachten die Islamisten die Ölraffinerie und das Elektrizitätswerk unter ihre Kontrolle, das auch die Hauptstadt mit Strom versorgt.
Am Donnerstag soll das irakische Parlament über die Forderung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki beraten, den Notstand über das gesamte Land zu verhängen. Damit hätte der Regierungschef mehr Befugnisse, in den Konflikt mit den Aufständischen einzugreifen. Al-Maliki nannte Berichte über Eroberungen durch die Isis „Verschwörungen und Falschmeldungen“.
In einem im Internet kursierenden Propagandamagazin verbreitete die Isis hingegen Bilder von exekutierten irakischen Soldaten. „Al-Malikis tyrannische Stärke ist unserer Frömmigkeit nicht gewachsen“, steht in dem Magazin.
Nach weiteren Meldungen griffen Kämpfer der Isis auch die Ölstadt Kirkuk an. Dort habe aber die irakische Regierungsarmee die Islamisten zurückgedrängt, indem sie den lokalen kurdischen Einheiten die Initiative überlassen habe.