: Niedersachsen bestellt Öko-Strom ab
Bislang orderte das Land Niedersachsen für seine 6.000 Liegenschaften Strom nach Öko-Kriterien. CDU-Finanzminister Hartmut Möllring hat damit Schluss gemacht, weil er sparen will. Die SPD hält das für ein „verheerendes Zeichen“
Die 6.000 Liegenschaften des Landes Niedersachsen beziehen keinen Öko-Strom mehr. „Das können wir uns einfach nicht leisten“, bestätigt der für die Immobilien des Landes zuständige Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) eine Anfrage der taz. Bei der Ausschreibung für den Strom von Schulen, Polizeirevieren, Ministerien oder Finanzämtern habe des Land im vergangenen Jahr darauf verzichtet, die Lieferung von einem Strommix mit regenerativen oder Energien aus Kraft-Wärme-Kopplung zur Bedingung zu machen. Die Ausschreibung ohne Öko-Kriterien führte dazu, dass die Stromrechnung für die Landesliegenschaften dieses Jahr um eine Million Euro auf voraussichtlich 42 Millionen Euro sinken werde, erklärt Möllring. Den Zuschlag hätten sieben regionale Anbieter erhalten.
„Das haut einen wirklich vom Sockel“, sagt Wolfgang Jüttner überrascht. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadebatte“ sei der Umschwung auf konventionelle Anbieter „nicht nachvollziehbar“ und ein „verheerendes Zeichen aus Niedersachsen“, sagt der SPD-Fraktionschef. Als niedersächsischer Umweltminister hatte Jüttner im Jahr 2001 dafür gesorgt, dass die Stromversorgung der Landes-Liegenschaften ausgeschrieben wird – und dass Öko-Energie geliefert werden muss. Jüttner war damit Vorreiter: Selbst der grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin sorgte erst 2004 dafür, dass sein Ressort und angegliederte Behörden sauberen Strom beziehen. „Wir wollten ein Signal geben und zur Entwicklung des Marktes für ökologischen Strom beitragen“, betont Jüttner. Er habe sich damals gegen Kabinettskollegen durchgesetzt, „weil ich die besseren Argumente hatte – der heutige FDP-Umweltminister Sander hätte die auch“.
Als „absolut rückschrittlich“ bezeichnet auch der grüne Fraktionschef Stefan Wenzel die Umstellung. Auch bei der Sanierung von Gebäuden bremse das Land, dabei könne Niedersachsen so richtig viel Geld sparen. Wenzel: „Herr Möllring demonstriert erneut, dass Niedersachsen beim Thema Energieeffizienz im Mittelalter lebt.“
Möllring lassen die Vorwürfe kalt: Auch im „normalen“ Strom sei ja ein 24-prozentiger Anteil aus Kraft-Wärme-Kopplung und sieben Prozent aus regenerativen Energien beigemischt. Der Strom sei also „derselbe wie vorher“, erklärt der Minister. Allerdings koste es eben zusätzlich, wenn die Lieferanten nachweisen müssten, dass sie mit Öko-Energie arbeiten.
Kai Schöneberg