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Archiv-Artikel

Dioxinfunde auch im Schweinefleisch

BERLIN taz/dpa/dapd | In Niedersachsen ist erstmals ein stark erhöhter Dioxinwert in Schweinefleisch nachgewiesen worden. Bei den Fleischproben aus einem Schweinemastbetrieb im Landkreis Verden lag der Dioxinwert um 50 Prozent über dem zulässigen Höchstwert. Die Probe habe einen Wert von 1,5 billionstel Gramm Dioxin ergeben, sagte der zuständige Veterinär des Landkreises, Peter Rojem. Der Grenzwert liegt bei 1,0 billionstel Gramm (Pikogramm). In den Tagen zuvor waren nur in Proben von Eiern und Legehennenfleisch erhöhte Dioxinwerte gemessen worden. Mehrere hundert Schweine des betroffenen Hofes im Landkreis Verden sollen nun geschlachtet werden. Der betroffene Betrieb gehört nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums zu den Kunden, die mit Futtermitteln des Unternehmen Harles und Jentzsch aus Schleswig-Holstein beliefert wurden.

Das Dioxin selbst soll in einer Firma im niedersächsischen Bösel in das Futterfett gekommen sein. Die Firma ist ein Partnerunternehmen von Harles und Jentzsch, das die dioxinbelasteten Futterfette vertrieben hat und nun im Mittelpunkt der Ermittlungen steht.

Die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wollen wegen der entstandenen Kosten für die Kontrollen Schadenersatzansprüche gegen den Verursacher des Dioxinskandals prüfen.

Bundesweit sind wegen des Dioxinverdachts nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums insgesamt noch 558 landwirtschaftliche Betriebe gesperrt, neben den 330 in Niedersachsen waren das 143 in Nordrhein-Westfalen und 62 in Schleswig-Holstein.

Eine Sondersitzung des Verbraucherausschusses des Bundestags befasste sich am Dienstag mit dem Dioxinskandal. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) wies Kritik der Opposition an ihrem Handeln im Dioxinskandal zurück; die SPD forderte von ihr eine Regierungserklärung. Aigner regte an, dass Futterhersteller nur noch unter strengen Bedingungen zugelassen werden. Und sie sollen nicht mehr parallel Futterfette und technische Fette herstellen dürfen. Das Land Niedersachsen möchte Industriefett künftig einfärben lassen. Einig sind sich die Oppositionsparteien über die Einrichtung einer bundesweiten Warnplattform für Lebensmittel, wo über entsprechende Belastungen informiert wird.

Als Konsequenz aus dem Dioxinskandal in Deutschland erwägt die EU-Kommission strengere Regeln für die Futtermittelproduktion in Europa. Vier Dioxinvorfälle in den vergangenen zehn Jahren seien genug, sagte der Sprecher von EU-Verbraucherkommissar John Dalli am Dienstag in Brüssel. „Es hatte jedes Mal mit Problemen beim Fettmischen zu tun“, erläuterte er mit Blick auf Fälle in Irland, Belgien und Deutschland. Diskutiert werde über eine Trennung der Produktion von Fetten für die Industrie und für Futtermittel.