Abwehr gemeinsam, Willkommen solo

EU-Gipfel verabschiedet gemeinsame Einwanderungspolitik. Doch nationale Zuständigkeiten sollen bleiben

BRÜSSEL taz ■ Wenn am Ende eines EU-Gipfels ein Kommuniqué verabschiedet wird, dann heißt das im EU-Sprech „Schlussfolgerungen“. Und solche verabschiedeten die Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel auch für eine gemeinsame Einwanderungspolitik. Man wolle künftig in „ausgewogener Weise“ mit dem Thema Migration umgehen, interpretierte der scheidende finnische Ratspräsident Matti Vanhanen das Papier. Was das heißt, lässt sich schon am Aufbau der Schlussfolgerungen ablesen: Immerhin zwei Seiten sind dem Thema Dialog mit den Herkunfts- und Transitländern gewidmet. Auf knapp zwei Seiten wird die Bekämpfung der illegalen Migration beschrieben.

Keine zehn Zeilen nimmt dagegen die legale Migration ein. „Diese soll den Mitgliedsstaaten dabei helfen, den bestehenden und künftigen Bedarf an Arbeitskräften zu decken, heißt es dazu. Allerdings – und das ist der Haken – „unter uneingeschränkter Wahrung der nationalen Zuständigkeiten“. Das hatte auch Bundesinnenminister Schäuble wiederholt deutlich gemacht: Zeitverträge für Arbeitsmigranten könnten ein Gewinn für Herkunftsländer wie für Gastländer sein. Doch die legale Migration müsse in der Verantwortung des Landes bleiben, das auch für den Arbeitsmarkt zuständig sei.

Dagegen sagte Matti Vanhanen, die EU könne deutlich mehr tun als bisher. Und Kommissionspräsident Barroso fügte hinzu: „Die Realität hat die Mitgliedsstaaten davon überzeugt, dass es in einem Europa ohne Grenzen keinen Sinn hat, 25 verschiedene Einwanderungsgesetzgebungen zu haben. Wir können jetzt auf eine starke Übereinstimmung der Positionen bauen.“

Übereinstimmung besteht immerhin darin, dass mit den Herkunfts- und Durchreiseländern mehr geredet werden soll. Kommendes Jahr sollen EU-Delegationen in alle afrikanischen Länder reisen, die in diesem Zusammenhang wichtig sind. Unter portugiesischer Präsidentschaft soll im zweiten Halbjahr 2007 in Lissabon ein EU-Afrika-Gipfel zum Thema stattfinden.

Bei der Bekämpfung illegaler Einwanderung setzt die EU darauf, die neue Grenzschutzagentur Frontex finanziell besser auszustatten. Bis Ende April soll die in Warschau angesiedelte Agentur ein Register aller technischen Ausrüstungsgegenstände erstellen, die einem andern Mitgliedsland im Bedarfsfall zur Verfügung gestellt werden können. Im Mittelmeerraum soll sie gemeinsam mit Italien, Frankreich und Spanien eine ständige Küstenüberwachung einrichten.

Die Kommission wird aufgefordert, die technischen Möglichkeiten für ein automatisches Einreise-/Ausreise-Erfassungssystem zu prüfen. „Die geltenden Datenschutzbestimmungen werden hierbei beachtet“, stellen die Regierungschefs in ihren Schlussfolgerungen optimistisch fest.

DANIELA WEINGÄRTNER