ENTSCHEIDENDES DETAIL
: Das neue Blechmittel

Die Landesregierung in Mainz will sich nicht bespitzeln lassen und greift zur Keksdose

Ob sich NSA & Co überhaupt für die Landespolitik zwischen Hunsrück und Westerwald interessieren, ist bisher nicht dokumentiert – aber die rot-grüne Mainzer Regierung um Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ergreift inzwischen auch mal unkonventionelle Schritte, um bei der Spionageabwehr am Puls der Zeit zu sein. Der NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag hat noch nicht mal den ersten Zeugen vernommen, da ist Rheinland-Pfalz bereits zur Selbsthilfe übergegangen, damit Regierungsgespräche am Kabinettstisch vor Cyberattacken sicher sind.

Über den Whistleblower Edward Snowden wird berichtet, er habe die wenigen Besucher in seinem Unterschlupf in Hongkong veranlasst, ihre Smartphones im Kühlschrank zu deponieren und so vor Lauschattacken zu schützen. Die rot-grüne Landesregierung in Mainz hat zu ebendiesem Zweck vorübergehend ein anderes Mittelchen aus der Cyber-Hausapotheke eingesetzt – das bestätigte auf taz-Anfrage eine Sprecherin der Staatskanzlei. Die Regierungsmitglieder schlossen ihre mobilen Endgeräte zu Beginn der Kabinettssitzungen in einer leeren Keksdose weg. Das Metallbehältnis sollte, genau wie ein faradayscher Käfig, seinen Inhalt vor elektromagnetischen Wellen abschirmen. Bei der Cyberabwehr-Keksdose, über die zuerst die Rhein-Zeitung berichtet hatte, habe es sich aber nur um eine „Übergangslösung“ gehandelt, sagt die Regierungssprecherin. Inzwischen sei die Dose durch ein „Metallschränkchen mit Schubladen“ ersetzt.

Das rheinland-pfälzische Innenministerium, zu dem auch der für Spionageabwehr zuständige Verfassungsschutz gehört, will mit der Keksdosen-Methode nichts zu tun haben. Auch von deren Tauglichkeit scheint man dort nicht überzeugt. Wie viel Strahlung ein Blechbehälter abschirme, hänge unter anderem von der Beschaffenheit des Metalls ab, sagte ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage: „Bei einer Keksdose hätte ich da Zweifel.“ Sicherer sei es, das Mobiltelefon gleich im Dienstwagen zu lassen. ASTRID GEISLER