Burger ohne Burgerrechte

Eine Dortmunder Burger-King-Filiale hat BetriebsrätInnen rechtswidrig rausgeworfen. Auch andere Branchen vermeiden Mitbestimmung. Gewerkschaften beklagen Mobbing und Schikane

VON MORITZ SCHRÖDER

Gökmen Yücel hatte sich darauf gefreut, endlich wieder arbeiten zu dürfen. Doch nach sieben Monaten Kampf vor Gericht kann der Betriebsrat immer noch nicht an seine Stelle zurück. Bis Mai stand Yücel im Burger-King-Restaurant im Dortmunder Stadtteil Kley, als ihm plötzlich fristlos gekündigt wurde, zusammen mit zwei weiteren BetriebsrätInnen. Der Geschäftsführer begründete das mit einer angeblichen Fälschung der Betriebsratswahlen. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Dortmund sieht darin eher einen Versuch, ArbeitervertreterInnen das Leben schwer zu machen (siehe Interview). Auch das Dortmunder Arbeitsgericht sah vergangene Woche keinen Grund für die Kündigung.

Mit einer einstweiligen Verfügung stand Yücel daher am Montag wieder bei seinem Arbeitgeber auf der Matte. Der bot ihm jedoch nur eine befristete Beschäftigung an, nach sechs Jahren Arbeit für Burger King. Weil Yücel sich verweigerte, sitzt er weiter auf der Straße. Auf taz-Nachfrage verwies der zuständige Ressortleiter des Unternehmens auf die Sprecherin von Burger King Deutschland. Die war allerdings nicht erreichbar.

Die gezielte Kündigung von BetriebsrätInnen ist laut NGG bei den amerikanischen Fastfood-Riesen keine Ausnahme. „Das ist ein Branchenproblem“, sagt Anja Weber, Landessekretärin der NGG. Gerade Unternehmen wie McDonald‘s und Burger King behinderten die Arbeit von BetriebsrätInnen massiv. „Dazu gehört auch Mobbing oder die Versetzung in eine andere Filiale“, so Weber.

In einem Dossier, das Weber 1998 für die globalisierungskritische Organisation Bundeskoordination Internationalismus verfasst hat, heißt es über McDonald‘s: „Gewerkschaftssekretäre erhalten Hausverbote, die dann häufig durch einstweilige Verfügungen der Arbeitsgerichte wieder aufgehoben werden“ und „Führungskräfte sammeln Unterschriften in der Belegschaft gegen Betriebsratswahlen,...Kandidatinnen und Kandidaten werden zu Gesprächen zitiert und gekündigt“. So sei das Unternehmen etwa in Köln 46 BetriebsrätInnen des 1995 gegründeten Gesamtbetriebsrats losgeworden. Gerade bei den Fastfoodketten sind laut NGG bundesweit nur unter zehn Prozent der Beschäftigten in der Gewerkschaft organisiert.

Laut Betriebsverfassungsgesetz muss ein Betriebsrat schon ab fünf Beschäftigten eingerichtet werden. In der Regel geschieht dies aber nur auf Druck der MitarbeiterInnen. Wenn es den Rat aber erstmal gibt, darf er etwa über ihre Arbeitszeit, Pausen und den Urlaubsplan mitentscheiden.

Doch nicht nur von großen Imbissketten sind solche Probleme bekannt. Angelika Wiese, Sekretärin bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Düsseldorf, beklagt: „Der Druck auf die Betriebsräte im Einzelhandel nimmt zurzeit massiv zu.“ Das habe etwa mit den längeren Ladenöffnungszeiten bis 24 Uhr zu tun, die Mitte November im Landtag beschlossen wurden. Anja Weber berichtet, GeschäftsführerInnen würden oft bereits vor der Wahl von BetriebsrätInnen Einfluss nehmen. „Normalerweise passiert das in kleinen Unternehmen von 20 bis 30 Beschäftigten“, sagt Weber. Die organisierten MitarbeiterInnen würden oft mit schickanösen Arbeitsaufträgen, gezieltem Mobbing oder besonderer Aufmerksamkeit auf Unpünktlich- oder Ungenauigkeit getriezt.

Auch im Gesundheitswesen haben es engagierte Beschäftigte schwer. So wurden Anfang des Jahres sechs Gewerkschaftsmitglieder und BetriebsrätInnen im Klinikum Duisburg entlassen, nachdem sie gegen die Kündigung von KollegInnen protestiert hatten. Geschäftsführer Reinhard Isenberg begründete das damit, die MitarbeiterInnen hätten die Friedenspflicht gebrochen. Auch dort muss wohl das Gericht entscheiden, ob die MitarbeiterInnen bleiben dürfen.