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Archiv-Artikel

Flensburg bleibt Durchlauferhitzer

HANDBALL Auch als Champions-League-Sieger verliert die SG Flensburg-Handewitt Leistungsträger, dafür kommen Talente. Trainer Ljubomir Vranjes weiß damit umzugehen, ist aber nun selbst begehrt

Nur 14 Tage nach dem Gewinn der Champions League ist für Flensburgs Rückraumspieler Holger Glandorf der Alltag wieder eingekehrt. Mit der Nationalmannschaft verpasste er gegen Polen die Qualifikation zur Weltmeisterschaft und erwägt nun sogar den Rücktritt. Dies Schicksal ist dem zweiten Flensburger Champions-League-Helden, Torwart Mattias Andersson erspart geblieben. Mit Schweden sicherte er sich am Sonntagnachmittag das WM-Ticket gegen Rumäniens.

„Jetzt kann ich einfach ein paar Tage am Stück abschalten, darauf freue ich mich sehr“, sagte Andersson der taz. „ Ich kann mich einfach nur um meine Familie kümmern und muss nicht an das nächste Spiel, das nächste Training, das nächste Video-Studium denken.“ Regenerationsbedarf hat der Torwart, der nach seinen Leistungen in den Final-Four-Partien gegen die hoch favorisierten Teams aus Barcelona und Kiel nur noch der „magische Matthias“ genannt wird, jede Menge.

Nachwuchs statt Routiniers

Dem größten Triumph der Vereinsgeschichte ging eine wechselvolle Bundesliga-Saison voraus, die mit Platz drei und er erneuten Qualifikation für die Champions League endete. Einziger Wermutstropfen war die Finalniederlage im DHB-Pokal gegen die Berliner Füchse.

Wenn Andersson wieder zum Trainingsauftakt in Flensburg erscheint, wird er ein paar alte Bekannte vermissen. Neben Rückraumspieler Steffen Weinhold, der zum THW Kiel wechselt, sind dies vor allem die Kreisläuferlegende Michael Knudsen und Torwartkollege Sørenn Rasmussen, die beide zu Bjerringbro-Silkeborg nach Dänemark wechseln. Ob sie gleichwertig ersetzt werden können, wird sich wieder einmal erst in der Saison zeigen, denn neben einem Routinier, dem schwedischen Nationalrückraumspieler Johan Jakobsson, setzt die SG vor allem auf junge dänische Nachwuchskräfte.

Intensiv wird Andersson im Urlaub verfolgen, ob es Neuigkeiten über seinen Trainer Ljubomir Vranjes gibt. Wenn der Torwart das Erfolgsrezept seiner Mannschaft beschreibt, hört sich das sehr nach der Handschrift seines schwedischen Landsmannes Vranjes an: „Um mit weniger Mitteln gegen die Konkurrenz so viel zu erreichen, braucht man eine gute Taktik, viel Herz, Leidenschaft und Stolz bei allen Beteiligten.“ Besonders stolz sind die Flensburger Anhänger darauf, dass ihre Mannschaft die Champions League mit dem schöneren Handball gegen körperlich überlegene Gegner gewonnen hat.

Umworbener Trainer

So war es auch nur eine Frage der Zeit, bis Vranjes auch bei anderen Vereinen Begehrlichkeiten weckt. Aktuell wird er vom finanzstarken Paris St. Germain umworben. SG-Manager Dierk Schmäschke erteile dem Ansinnen zwar eine Absage, Vranjes selbst hat bislang aber kein klares Bekenntnis zu Flensburg abgegeben.  RALF LORENZEN