: Bürgerinitiative droht baden zu gehen
Das Bürgerbegehren für die Wiedereröffnung des Sommerbads Poststadion in Moabit steht auf der Kippe: Die Initiatoren haben zwar 7.800 Unterschriften gesammelt. Doch das sind wohl zu wenig: Erfahrungsgemäß sind 20 Prozent ungültig
von Jan Schulte Holthausen
Das Bürgerbegehren zur Wiedereröffnung des Sommerbades Poststadion in Moabit droht zu scheitern. Zwar konnten gestern morgen die Vertreter der Initiative „Pro Sommerbad Poststadion“ fristgerecht zwei dicke Ordner mit gesammelten Unterschriften im Bezirksamt Tiergarten abgeben. Ob die Zahl der Unterschriften aber ausreicht, ist mehr als fraglich.
Seit dem 17. Juli 2005 ermöglicht das Gesetz „Mehr Demokratie für Berlinerinnen und Berliner“ den Bürgerentscheid. In einem ersten Schritt müssen innerhalb von sechs Monaten drei Prozent der auf kommunaler Ebene Wahlberechtigten eines Bezirks ihre Unterschrift unter ein Bürgerbegehren setzen. Diese Unterschriften werden der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) übergeben, die ihre Rechtmäßigkeit prüft. Entspricht die BVV dem Bürgerbegehren nicht, kommt es innerhalb von vier Monaten zu einem Bürgerentscheid, in dem über den Antrag abgestimmt wird.
Im Fall des Sommerbades Poststadion sind etwa 6.400 gültige Unterschriften für ein erfolgreiches Bürgerbegehren notwendig. Die gestern überreichten Listen enthalten rund 7.850 Unterschriften. „Normalerweise muss man mit etwa 20 Prozent ungültiger Unterschriften rechnen“, sagt Michael Efler, Sprecher des Vereins „Mehr Demokratie“. Deswegen ist er sehr skeptisch, was den Erfolg des Begehrens betrifft. Grund für die vielen ungültigen Stimmen seien oft „unleserliche Einträge“ und solche von Menschen, die in einem anderen Bezirk wohnen oder die keine Bürger der Europäischen Union sind. Das Sommerbad war im Jahr 2002 geschlossen worden. Die Betreiber, die Berliner Bäder Betriebe, hatten dies mit den hohen Sanierungskosten von 2,5 Millionen Euro begründet. In diesem Sommer war das Gelände als Zeltplatz zwischengenutzt worden. Susanne Torka, Sprecherin der Initiative, zeigt sich trotz der niedrigen Zahl von Unterschriften zuversichtlich. „Wir gehen erst einmal davon aus, dass die Unterschriften gültig sind und wir Erfolg haben“, sagt sie. Dass es Schwierigkeiten beim Sammeln der Unterschriften gegeben hat, will sie nicht verhehlen: „Anfangs hatten wir zu wenig Platz auf den Listen, sodass viele Einträge sehr gequetscht und unleserlich waren. Und manchmal war es schwierig, Unterzeichner zurückzuweisen, weil sie keine EU-Bürger waren.“
Ein ähnliches Problem hatten die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen den Verkauf des Künstlerhauses „Bethanien“ in Kreuzberg. Für die Erhaltung der Einrichtung wurden dieses Jahr 13.545 Unterschriften in Friedrichshain-Kreuzberg gesammelt. Davon waren aber lediglich 5.719 gültig – gerade genug, damit das Begehren erfolgreich war. Schließlich einigten sich die Antragsteller mit der BVV auf einen Kompromiss. „Das Problem war vor allem, dass in Kreuzberg viele Menschen leben, die keine EU-Bürger und also nicht wahlberechtigt sind“, erklärt Efler. Dieser Umstand könnte auch die Moabiter Initiative in die Bredouille bringen.
Als würde er das ahnen, appelliert Mitinitiator Jan von Rüden schon im Vorhinein an die politische Verantwortung der Entscheider, also die Politiker: „Es geht darum, dass aus diesem Ergebnis die richtigen politischen Konsequenzen gezogen werden.“ Die Anzahl von Unterschriften – die ausschließlich im Stadtteil Moabit gesammelt wurden – zeige, wie „groß die Zustimmung der hiesigen Bevölkerung für unser Anliegen ist.“
Zudem wissen Jan von Rüden und seine Mitstreiter die Bezirksverwaltung hinter sich. Christian Hanke (SPD), der stellvertretende Bürgermeister des Bezirks Mitte, und Dagmar Hänisch, Stadträtin für Bildung und Kultur, zeigten sich gestern sehr zufrieden über die Unterschriften. „Die werden uns sicher dabei helfen, das Sommerbad wiederzueröffnen“, sagte Hanke bei der Übergabe.
Vier Wochen hat die BVV jetzt Zeit, die Gültigkeit der Unterschriften zu prüfen.