: Ruppig, rüde und geeignet
Debatte über neuen SPD-Chef in Schleswig-Holstein: Amtsinhaber Claus Möller verzichtet. Sein designierter Nachfolger Ralf Stegner aber erfreut sich keiner großen Beliebtheit – weder in der eigenen Partei noch beim Koalitionspartner CDU
Im Konflikt um die künftige Führung der schleswig-holsteinischen SPD hat der Landesvorsitzende Claus Möller eine erneute Bewerbung ausgeschlossen. „Ich werde nicht wieder kandidieren“, sagte Möller (64) gestern in Kiel. Hintergrund ist anhaltende Kritik in der Partei am bisher einzigen Kandidaten für seine Nachfolge, Innenminister Ralf Stegner (47). Ihm werfen auch einflussreiche Sozialdemokraten einen „zu ruppigen Politikstil“ mit Gefährdungspotenzial für die Koalition mit der CDU vor.
Die SPD wählt im März einen neuen Vorstand. „Herr Stegner hat sich beworben, und andere dürfen sich auch bewerben“, sagte Möller und ließ mit solchen Bemerkungen Distanz erkennen. Es wäre kein Beinbruch, wenn es zwei oder drei Kandidaten gäbe. Ernsthafte Gegenkandidaturen zu Stegner zeichneten sich jedoch nicht ab, bei Möller hat auch noch niemand seine Bewerbung angemeldet. „Ich halte ihn für einen geeigneten Kandidaten“, sagte Möller, „wenn es keinen anderen Kandidaten gibt, werde ich Herrn Stegner auf dem Parteitag unterstützen.“
Auf die Frage, welche Defizite Stegner aus seiner Sicht habe, antwortete Möller mit einem Leitspruch, den er sich selbst zu Eigen gemacht habe: „In der Sache hart, in der Form verbindlich.“ Dass über Stegners forschen und zuweilen als rüde empfundenen Stil in der Partei kritisch diskutiert wird, räumte Möller unumwunden ein. Zum Gewicht der anstehenden Führungsentscheidung bestätigte er, dass ein Landesvorsitzender den ersten Zugriff auf die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2010 habe. Dennoch blieb Möller auch hier reserviert: „Wir haben beschlossen, diese Frage im Jahr 2008 zu entscheiden.“
Stegner, der seit Jahren als Landesminister auch bundesweit kräftig mitmischt, ist in seiner Partei noch nie jedermanns Liebling gewesen. Man hat den Mann mit der Fliege als äußerem Markenzeichen aber stets als kompetenten, scharfzüngigen und durchsetzungsstarken Politprofi geachtet. Doch in den vergangenen Monaten spielte er so hartnäckig die Konfrontationskarte, dass es auch einflussreichen Genossen zu viel wurde.
Im Streit um eine Verwaltungsstruktur- und Kreisgebietsreform fühlte sich seine „Klientel“ in Gestalt von Landräten, Bürgermeistern und Spitzen der Kommunalverbände derart verprellt, dass sie auf Verweigerungskurs ging. Und den Koalitionspartner CDU reizte Stegner mit spitzen Bemerkungen so sehr, dass CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ihn schon „rausschmeißen“ wollte.
Angesichts des rauer gewordenen Klimas für Stegner fiel um so mehr auf, wie Carstensen und Möller nach der jüngsten Sitzung des Koalitionsausschusses das persönliche Vertrauensverhältnis betonten, das sich zwischen ihnen entwickelt habe. Wer wollte, verstand das auch als Warnung an Stegner.
Stegner selbst sieht vor allem bei der CDU Interesse, ihm durch Schüren von Spekulationen Steine in den Weg zu legen. „Das gehört zu den üblichen Nervositäten vor Parteitagen, auf denen Personalentscheidungen anstehen“, sagte er. Im Übrigen könne jeder kandidieren, der dies wolle. „Offene Kandidaturen finde ich besser als anonyme“, sagte Stegner. Er habe aber „keinen Zweifel daran, dass meine Bewerbung erfolgreich sein wird.“
Die Spannung könnte bis zuletzt anhalten: 2003 wurde der damalige eher konturlose Landesvorsitzende Franz Thönnes auf dem Wahl-Parteitag überraschend gekippt und von Möller beerbt. DPA