: Ein System – 16 Möglichkeiten
Warum die AOK Sachsen billiger ist als die Berliner? Weil sie groß ist. Und wer Marktmacht hat, diktiert die Preise
BERLIN taz ■ Das Jahr 2007 wird hart für die 250 gesetzlichen Krankenkassen: Sie müssen mit 1,7 Milliarden Euro weniger auskommen, denn die Regierung kappt ihnen Zuschüsse aus der Tabaksteuer. Auch die höhere Mehrwertsteuer schlägt sich auf ihre Etats nieder, von der Bandage bis zum Rollstuhl müssen sie draufzahlen.
Doch nicht alle Kassen erhöhen die Beiträge in gleichem Maße, manche bleiben gar stabil. Wie hoch der Beitrag ist, hängt wesentlich davon ab, welche Mitglieder eine Kasse hat und wo sie ihren Sitz hat. Betriebskrankenkassen sind meist günstiger als Ortskrankenkassen, weil ihre Mitglieder mehr verdienen, jünger und gesünder sind. Damit die Unterschiede nicht zu groß werden, gibt es den Risikostrukturausgleich: Kassen mit reicheren Versicherten zahlen für Kassen mit ärmeren. 2009 soll das noch erweitert werden: Dann zahlen Kassen mit gesünderen für Kassen mit kränkeren Versicherten. Das Ganze heißt dann Gesundheitsfonds. Weil die Nutznießer der Transfers meist in Ostdeutschland leben, wo mehr kranke Menschen sind, wollen die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen alles noch mal prüfen lassen. Dabei werden schon jetzt Milliarden umverteilt: So zahlen die BKKs jährlich 8,8 Milliarden Euro, vorwiegend an die AOKen.
Auch innerhalb des AOK-Systems gibt es große Unterschiede. So ist die AOK Berlin mit ihrem Beitrag von 14,6 eine der teuersten Kassen, die AOK Sachsen mit 12,0 Prozent konkurrenzlos günstig. Das liegt daran, dass in Berlin die Menschen auf Ostniveau verdienen und auf Westniveau medizinisch versorgt werden. Beide Stadtteile waren bis 1989 das Schaufenster des jeweiligen politischen Systems und wurden entsprechend medizinisch hochgerüstet. Für diese Überversorgung bezahlen die Mitglieder der Berliner Kassen noch heute.
In Sachsen gab es diese Altlasten nicht, die Versorgung ist schlank: „Wir haben hier eine effektive Krankenhausplanung“, sagt Sprecher Heinz-Werner Raske: Drei große Kassen haben zu einem regionalen AOK-Multi fusioniert, der die Hälfte aller Sachsen versichert. Ihre Marktmacht hilft, günstige Verträge mit Ärzten und Kliniken auszuhandeln. Heute werden Berlin und Sachsen ihre Beiträge festlegen. ALE