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Archiv-Artikel

Mit halbleeren Händen

BEWERBUNG Das einstige Kolonialwaren-Zentrum Bremen will „Hauptstadt des Fairen Handels“ werden. Das Engagement der Wirtschaft jedoch ist noch dürftig

Von SIM
„Das ist bisher vor allem ein Dabeisein und Gucken: ‚Was tut sich?‘“

Gertrud Gauer-Süß

Bremen bewirbt sich um den Titel „Hauptstadt des fairen Handels“. Das gab Entwicklungssenator Reinhard Loske (Grüne) gestern bekannt. Nicht nur die Verwaltung, sondern die ganze Stadt solle bei diesem Thema eine Vorreiterrolle einnehmen, sagte er. 20 Persönlichkeiten sollen dafür demnächst werben.

Der von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit ausgelobte bundesweite Wettbewerb zeichnet Kommunen aus, die „kooperative und kreative Projekte zur Unterstützung des Fairen Handels“ vorweisen können. Loske verwies auf die große Zahl von Unternehmen, die mit Rohstoffen wie Kaffee, Kakao, Baumwolle, Tee, Bananen und Tabak handelten – alles Produkte, die prädestiniert für fairen Handel seien. In der Arbeitsgruppe, die seit zwei Jahren die Bewerbung vorbereitet, sitzen neben entwickungspolitischen Organisationen auch der Kaffee- und Schoko-Riese Kraft Foods und die Bremer Handelskammer.

Die Fair-Trade-Initiative, lobte Loske gestern, werde „in unserer Stadt breit getragen“. Doch während die Stadt bereits eifrig daran arbeitet, bei ihren Anschaffungen künftig ökologische, soziale und Fair-Trade-Kriterien zu berücksichtigen, hält sich das Engagement der Unternehmen noch in Grenzen. „Das ist bisher vor allem ein Dabeisein und Gucken: ‚Was tut sich?‘“, drückt es Gertrud Gauer-Süß vom Bremer entwicklungspolitischen Netzwerk vorsichtig aus: „Natürlich wünsche ich mir, dass Kraft Foods wirklich mal ein Produkt mit Fair-Trade-Siegel auf dem Markt platziert.“

Es gebe einen umfangreichen Strauß an Projekten, betont Bert Cecchia von der Handelskammer. Nur nennen will er auch auf Nachfrage kein einziges davon. Das könne allenfalls die Koordinatorin der Bewerbung im Umweltressort, Silke Goethe, tun.

Goethe zählt kleine Initiativen und Unternehmen auf, die bereits seit langem fair handeln, das Utamtsi-Kaffee-Projekt etwa oder den Kleiderladen „Fairtragen“ in der Neustadt. Ein Fair-Trade-Projekt eines „konventionellen“ Unternehmens indes kann auch sie nicht nennen.

Die Handelskammer, ist zu hören, hat immerhin bereits einen Artikel zum Thema „Fairer Handel“ in ihrer Zeitschrift veröffentlicht, gemeinsam verfasst von Loske und Präses Otto Lamotte. Und Kraft Foods, fügt Goethe noch hinzu, „unterstützt Bremens Bewerbung grundsätzlich“. Der Konzern schickte sogar Vertreter zu einer Podiumsdiskussion über Fair-Trade-Kaffee ins Rathaus. Ins Sortiment kommen fair gehandelte Bohnen deswegen noch lange nicht. Es sei „noch unklar“, ob es überhaupt einen Beitrag zu Bremens Fair-Trade-Bewerbung geben werde, teilt Konzernsprecherin Nicola Oppermann mit.

„Der Dialog mit der Wirtschaft ist ganz wichtig, um da Sachen in Gang zu bringen“, sagt Goethe. Und dass alle Unternehmen eingeladen seien, sich einzubringen. Einsendeschluss für die Bewerbung ist Mitte Juli. SIM