: Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um
Berlin ist eine junge Stadt. Zumindest was die Kunstszene angeht. Das fällt einem immer dann auf, wenn zum Galerienaustausch Berlin–Paris Galerien von der Seine an die Spree kommen und plötzlich ein ganz anderer Hauch von Kunstgeschichte durch die Räume weht. Wie bei Isabella Bortolozzi. Die hat sich von Natalie Seroussi für ihre eh schon recht klassischen und gediegenen Räume die passende klassische und gediegene Kunst der beiden Dada-Heroen Hans Arp und Kurt Schwitters vorbeibringen lassen. Und natürlich ist diese Ausstellung fantastisch –weil man derlei Historisch-Kanonisiertes in Berlin normalerweise nur hinterglast und mit musealem Ehrfurchtsabstand zu Gesicht bekommt und nicht, wie hier, beiläufig in die Ecke auf die Holzvertäfelung gehängt. Im Hinterraum stottert dazu Schwitters Ursonate. Und es fühlt sich an, als wäre es nie anders gewesen – obwohl das natürlich nicht stimmt. Bei Sommer & Kohl dagegen ist im Rahmen des Austausches alles noch gegenwärtiger als sonst. Hier hat sich „The Institute for Social Hypocrisy“ eingenistet, mit allem Drum und Dran und Türplakette. Klar, das ist alles Fake, aber im Kunstbetrieb kann man das schon mal machen. In der Ausstellung von Victor Boullet geht es um das symbolische Kapital, das der Gebrauch von Steinwayflügeln dem Pianistendasein aufaddiert, genauso wie die Aufwertung, die eine Kooperation mit Comme des Garcons für H&M mit sich bringt – um die alte, aber hyperagile Tante Kapitalismus also. Nebenbei wird noch ein Buch präsentiert, mit dem tollen Titel „The Sound of Downloading Makes Me Want to Upload“. Auf der Agenda: die Machtverhältnisse im Internet. Zwischen Textmassen und E-Mail-Konversationen finden sich da auseinanderklaffende Pornopopos – und ein aufgeklappter Steinwayflügel. Ja, Virtualität ist schon was Tolles.
■ Kurt Schwitters & Hans Arp, Isabella Bortolozzi, Schöneberger Ufer 61, Di.–Sa., 11–18 Uhr, bis 19. Februar ■ Victor Boullet: „This Spectacle“, Sommer & Kohl, Kurfürstenstr. 13, Mi.–Sa., 11–18 Uhr, bis 19. Februar