: Flughafen Tempelhof bekommt Gnadenfrist
Das Ende des Berliner Traditionsairports naht: Oktober 2008 soll er dicht gemacht werden, ein Jahr später als geplant
Für ältere Westberliner ist der Flughafen Tempelhof immer noch ein Symbol für die Luftbrücke. Jetzt geht die Ära Tempelhofs, auf dem nach dem Zweiten Weltkrieg Rosinenbomber zur Versorgung der abgeschnittenen Stadt landeten, endgültig zu Ende. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat gestern vorgeschlagen, den innerstädtischen Flughafen am 31. Oktober 2008 stillzulegen.
Der Berliner Senat wollte die defizitäre Anlage eigentlich ein Jahr früher einmotten. Er argumentiert: Die Schließung Tempelhofs – wie auch des dritten Berliner Airports Tegel – sei die Voraussetzung für den Ausbau des Großflughafens Schönefeld vor der Stadtgrenze. Er soll bis 2011 in Betrieb gehen.
Gegen die Stilllegung Tempelhofs hatten 13 Fluggesellschaften und Luftverkehrsfirmen geklagt. Sie fürchten bei einem Umzug wirtschaftliche Nachteile. Wenn alle Beteiligten den Vergleich bis zum 10. Januar annehmen, wäre die Stilllegung des von den Nazis erbauten Flughafens nach jahrelanger Diskussion beschlossene Sache.
Der Senat signalisiert bereits Zustimmung: „Der Vorschlag beinhaltet einen fairen Interessenausgleich, der auch den Wünschen der Klägerseite Rechnung trägt“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Auch viele Kläger finden den Kompromiss akzeptabel: „Mehr ist juristisch nicht erreichbar. Jetzt sollte man zugreifen“, so Andreas Peter, Chef der Fluglinie Bizair.
Um die Stilllegung gibt es seit Jahren Streit in Berlin. In der vergangenen Woche spitzte er sich zu. Während die Landesregierung von SPD und Linkspartei mit der Lärmbelästigung für hunderttausende Berliner im dicht bebauten Stadtgebiet argumentiert und Millionenverluste vorrechnet, fordern CDU, FDP und Wirtschaftsverbände den Weiterbetrieb.
Letztere sahen sich jüngst im Aufwind. In letzter Minute hatten zwei Investoren aus den USA Interesse an dem Bau angemeldet, der dem Bund gehört. Sie planen ein Gesundheitszentrum oder Hotels im Airportgebäude. Einem der Investoren hatte die Deutsche Bahn mit dem Angebot assistiert, den Flughafen als Betreiberin zu übernehmen.
ULRICH SCHULTE