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Archiv-Artikel

Initiativenzeitung in Bücherhallen verboten

Herausgeber vermutet Zusammenhang mit Auftritt von „Rettet den Volksentscheid“ und Anweisung „von ganz oben“. Gewerkschaft argwöhnt Obrigkeitsstaat. Direktorin Schwemer-Martienßen pocht auf politische Neutralität

Die Hamburger Initiativenzeitung (HIZ) darf nicht in den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen (HÖB) ausgelegt werden. „Das ist bei uns so üblich, dass keine politischen Botschaften Dritter bei uns ausliegen“, sagt HÖB-Direktorin Hella Schwemer-Martienßen. HIZ-Herausgeber Ralf Flechner argwöhnt dagegen Zensur „von ganz oben“. Das könnten „nur die sein, die das Hamburger Wahlrecht gegen den erklärten Volkswillen verändert haben und nun alles tun, um demokratische Willensbildung zu verhindern“ – sprich: der CDU-Senat.

Die jüngste Ausgabe des Blattes ist mit der Schlagzeile „Wir lassen uns nicht den Mund verbieten“ erschienen. Darunter macht die Initiative „Rettet den Volksentscheid“ Front gegen den Senat, der zwei Volksentscheide ignoriert und den Volksbegehren die Zähne gezogen hat.

Die HIZ sieht sich selbst als Forum für die Zivilgesellschaft. „Wir wollen ein Stück mediales Gegengewicht setzen zur sehr engen Zeitungsszene in Hamburg im Dienste der vielen Initiativen und Vereine, die fast kein Sprachrohr haben“, sagt Herausgeber Flechner. Das Blatt wolle „unabhängig und überparteilich, trotzdem parteiisch von ‚unten‘ berichten.“

Aus der Walddörfer Umweltzeitung entstanden, wird die HIZ neben Flechner von vier Journalisten gemacht, die über die Anliegen der Initiativen schreiben aber auch von sich aus Themen aufgreifen. Viele Beiträge stammen aus der Feder der Gruppen.

Dass die HIZ nicht mehr in den Bücherhallen ausliegen darf, findet Wolfgang Rose von Ver.di skandalös. „Wer den Bürgern gedruckte Informationen vorenthält, verhält sich wie der Regent eines Obrigkeitsstaates“, meint der Landesvorsitzende der Gewerkschaft. Die Bücherhallen seien ein Ort der Aufklärung und kein CDU-Parteibüro.

„Ich lege auch keine Publikationen der CDU aus“, sagt HÖB-Direktorin Schwemer-Martienßen. Sollten die HÖB Flugschriften auslegen, müssten alle Meinungen gleichrangig behandelt werden. „Ich möchte mich nicht dafür rechtfertigen müssen, dass rechtslastige Publikationen ausliegen“, sagt Schwemer. Der Vorwurf, sie habe einen Wink aus dem Rathaus erhalten, sei absurd. „Wir hatten 304 Stellen, die uns ihre Broschüren zuschickten“, sagt Schwemer. Die Altpapierbeseitigung habe 5.000 Euro im Jahr gekostet, weshalb die HÖB das Auslegen stark eingeschränkt habe. Gernot Knödler