Tornados sorgen für Chaos in Regierung

Die große Koalition streitet darum, ob ein Einsatz deutscher Flugzeuge in Afghanistan vom Parlament beschlossen werden muss. Die zuständigen Staatssekretäre stellen zuerst eine Abstimmung in Aussicht, werden jedoch später zurückgepfiffen

AUS BERLIN LUKAS WALLRAFF

Wenn der Bundeswehreinsatz in Afghanistan nicht eine ernste Sache wäre, könnte man über die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung schmunzeln. Seit die Anfrage der Nato nach deutschen Tornado-Flugzeugen bekannt wurde, präsentiert sich die große Koalition wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen.

Kein Problem, wir schicken die Tornados ohne Befragung des Bundestags in den umkämpften Süden Afghanistans, sagen die einen. Doch ein Problem, wir müssten vorher wohl die Zustimmung des Parlaments einholen, weil das geltende Mandat Tornado-Flüge im Süden womöglich nicht abdeckt, sagen andere Koalitionspolitiker. Die Regierungsspitze lässt alles offen.

Auch am letzten Arbeitstag vor Weihnachten konnten oder wollten die Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Franz Josef Jung nicht sagen, ob Tornados samt Besatzung zu Aufklärungsflügen im Kriegsgebiet Südafghanistan starten werden – und ob eine Zustimmung des Bundestags nötig wäre. Man sei „noch nicht zu einem abschließenden Urteil gekommen“, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Die Prüfung dauere bis Januar, erklärte Jungs Sprecher. Gleichzeitig räumte er ein, dass die Bitte der Nato bereits am 13. Dezember einging. Und er dementierte nicht, dass es vorher schon Gespräche mit der Nato gegeben hatte.

Offizielle Anfragen nach militärischen Beiträgen werden üblicherweise erst publik, nachdem die betroffene Regierung Einverständnis signalisiert. Davon ging offenbar auch der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), aus, als er „grundsätzliche Bereitschaft“ verkündete und hinzufügte: „Hier ist ein entsprechender Beschluss des Bundestags notwendig.“ Eine Aussage, die er später relativierte.

Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey (CDU) ließ wissen: „Solch eine wichtige Entscheidung sollte nicht ohne das Parlament getroffen werden.“ Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU) und andere Unionspolitiker jedoch erklärten zu einem Tornado-Einsatz in ganz Afghanistan: „Das Mandat deckt eine solche Möglichkeit ab.“

Nach den vielen Widersprüchen sah sich Merkel-Sprecher Steg gezwungen, Staatsminister Erler und Staatssekretär Kossendey zurückzupfeifen. Einige Regierungsmitglieder hätten „nicht die Meinung der Bundesregierung“ kundgetan, sondern „persönliche Einschätzungen“.