Kurzkritik: JAN ZIER über das Tanztheater : Vom Inhalt befreit
In diesem Stück wird keine Geschichte erzählt, keine Entwicklung, welcher Art auch immer, irgendwie kommentiert. Es ist auch nicht so, dass die TänzerInnen auf der Bühne wirklich miteinander kommunizieren würden. Und schon gar nicht wird einfach „zur Musik“ getanzt. Das alles wäre nie Emanuel Gats Ding.
Der aus Israel stammende Choreograph ist derzeit an einem kurzen Abend gleich mit zwei Arbeiten zu sehen. Die eine – „Trotz“ mit Namen – war 2007 schon mal fast genauso in Bremen zu sehen. Das Stück hat Johann Sebastian Bachs Motette „Jesu, meine Freude“ zum Gegenstand. Und fängt doch erst einmal ganz und gar ohne Musik im Hintergrund an. Das ist typisch für Gat. Denn Musik und Tanz, das sind für ihn zwei verschiedene, ganz autonome Strukturen, die gleichberechtigt nebeneinander stehen. Und deswegen nicht im klassischen Sinne zusammenpassen sollen oder gar müssen. Hier wird Musik nicht illustriert.
Noch deutlicher wird Gats Sicht des Tanzes im zweiten Teil, den er „The revised and updated Bremen structures“ nennt und deren, nun ja, Soundcollage er selbst geschrieben hat. Die schlichten, indes wunderbaren Kostüme aus dem ersten Teil sind Trainingssachen gewichen, die Impulse gehen eher von den TänzerInnen denn bewusst gesteuert von Gat aus. Die ganze Künstlichkeit der Situation, so die Idee, soll weichen, Realität Einzug halten. Das gelingt nur zum Teil, weil es noch nicht konsequent genug zu Ende geführt ist. Aber es ist ein spannendes, sehenswertes Experiment. Jan Zier
21., 27., 29. Januar, 3., 10., 15., 18., 23. Februar, Neues Schauspielhaus