ERIC BONSE ÜBER DEN FALL GÜNTHER OETTINGER : Altlast entsorgen
Wir können alles, außer Deutsch – und Energiepolitik. Das möchte man dem deutschen EU-Kommissar Oettinger zurufen, nachdem er sich gegen verbindliche europäische Ziele zum Energiesparen ausgesprochen hat. Obwohl sich Deutschland und sechs weitere EU-Länder für eine ehrgeizige Vorgabe starkmachen, bügelte CDU-Mann Oettinger den Vorstoß ab. Auch die Forderung des Europaparlaments, die Effizienz bis 2030 um 40 Prozent zu steigern, weist er zurück.
Das ist zwar nicht neu, passt aber ins Bild eines Kommissars, der von allen guten Geistern verlassen ist. Die Energiewende in Deutschland hat der ehemalige Landesvater des Atomstaats Baden-Württemberg verschlafen. Der EU-Energiebinnenmarkt ist Stückwerk geblieben, statt der versprochenen sinkenden hat er massiv steigende Preise gebracht. Strom ist zum Luxusgut geworden. Zuletzt scheiterte Oetti auch noch als Vermittler im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine. Doch statt seine Niederlage einzugestehen, spielte er die Krise herunter und behauptete, alles sei in bester Ordnung. Dabei droht Deutschland und vielen osteuropäischen Ländern im Winter ein Versorgungsengpass, wenn der Streit nicht doch noch gelöst wird. Legendär sind auch Oettingers Fehltritte bei Themen, für die er gar nicht zuständig ist. Mal wollte er die griechische Flagge auf Halbmast setzen, um „Schuldensünder“ öffentlich zu brandmarken. Dann spekulierte er über einen Wechsel von Kanzlerin Merkel nach Brüssel. Gerade erst wies er Sigmar Gabriels wichtigen Vorschlag zu einer Lockerung der Austeritätspolitik zurück.
Noch ist nicht klar, ob Merkel ihren Pannenkommissar in Brüssel halten will. Die SPD würde die CDU-Altlast Oettinger gern loswerden und ihren Martin Schulz an seine Stelle setzen – Oettinger macht es ihr da sehr leicht.
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