: Senator kennt keine Härtefälle
Wissenschaftssenator Dräger plant sozial begründete Ausnahmen von den Studiengebühren auf ein Minimum zu reduzieren. Der Asta der Uni sieht einen Gesetzesverstoß. Die Hochschulen hatten auf „rechtliche Klarheit“ gedrängt
Die ab April fälligen Studiengebühren von 500 Euro pro Semester werden Hamburgs Studierende härter treffen als bislang erwartet. Denn im Unterschied zu den 2004 eingeführten Langzeitgebühren soll es hierbei so gut wie keine Ausnahmen geben. So jedenfalls sieht es eine „Verwaltungsanordnung“ vor, die nach längeren Gesprächen zwischen Universität und Wissenschaftsbehörde nun unterschriftsbereit auf dem Tisch von Senator Jörg Dräger (parteilos) liegt.
In Paragraf 6, Absatz 3 des Gebührengesetzes, das im Juni verabschiedet wurde, hieß es noch, dass Doktoranden, Eltern von Kindern unter 14 Jahren und Behinderte von der Gebühr befreit würden. Zudem könnten die Hochschulen auch aus „anderen als den in Absatz 3 genannten Gründen“ die Gebühr erlassen oder stunden, wenn sie „zu einer unbilligen Härte“ führe. Für Thorsten Hönisch, Sprecher des Uni-Asta, und den Studierendenvertreter Bela Rogalla ist damit ein Passus ins Gesetz eingebaut, der die Berücksichtigung auch von anderen sozialer Härten vorschreibt.
So müssten etwa Studierende, die nicht ihre Kinder, aber ältere Angehörige pflegen, ebenso einen Antrag auf Gebührenbefreiung stellen können. Denn auch sie hätten weniger Zeit für Jobs und ein rasches Studium. „Für uns war diese Klausel ein Auffangtatbestand für alle die Detailprobleme, die das Gesetz nicht nennt“, sagt Hönisch.
Doch bereits im Juni erfuhr der genannte Paragraf eine zweite, äußerst restriktive Auslegung. Enthält er doch einen Verweis auf die Landeshaushaltsordnung (LHO), wonach einem Bürger eine Gebühr nur erlassen oder gestundet wird, „wenn die Eintreibung zu einer wirtschaftlichen Notlage führt“, wie Uni-Vize-Präsident Holger Fischer erläutert. Nun bietet aber die Kreditanstalt für Wiederaufbau jedem Studierenden unter 35 Jahren ein verzinstes Darlehen an, das dieser nach dem Studium erst ab einem Nettojahresverdienst von 12.720 Euro zurückzahlen muss. Und so sieht Drägers Behörde eine wirtschaftliche Not nur bei solchen Studierenden, die diesen Kredit nicht in Anspruch nehmen können, weil sie zu alt sind oder schon zu lange studieren.
„Unsere Juristen haben die Behörde darauf aufmerksam gemacht, dass man dies auch anders interpretieren kann“, berichtet Fischer. Damit alle Hochschulen im Land „gleich handeln“ und die Uni nicht mit einer „Fülle von Anträgen“ überschwemmt werde, sei das Uni-Präsidium dafür gewesen, dass der Senator per Anordnung „rechtliche Klarheit schafft“. Dräger habe nun die Wahl, diese zu unterzeichnen oder „das Gesetz zu ändern“, sagt Fischer.
Kommt die Anordnung, wird den Hochschulen der Verwaltungsaufwand erspart. Uni-Vize Fischer geht aber davon aus, dass rasch Musterklagen auf eine Anerkennung als Härtefall angestrengt werden dürften. Ein entsprechendes Gutachten hat der Asta bereits erstellen lassen. Für die Studierendenvertreter ist dieser Umweg aber eine Zumutung: „Wer in einer schwierigen Lage ist“, sagt Bela Rogalla, „hat nicht die Kraft, vor Gericht zu ziehen.“ KAIJA KUTTER