Im Zangengriff

von DOMINIC JOHNSON

Mogadischu wird eingekesselt. Die Armee Äthiopiens ist zusammen mit Milizionären der somalischen „Übergangsregierung“ bis auf wenige Autostunde entfernt auf die somalische Hauptstadt vorgerückt, in der jetzt noch Islamisten herrschen, vereint im Rat der Somalischen Islamischen Gerichte (SICC). Am heutigen Donnerstag werde man in Mogadischu einmarschieren und die Islamisten vertreiben, tönte gestern Nachmittag Mohamed Dhere, einer der Warlords der „Übergangsregierung“, in der gerade eroberten Stadt Jowhar. Er versprach: „Wir werden die, die mit den Islamischen Gerichten zusammenarbeiteten, nicht als Verbrecher behandeln.“

Im Morgengrauen waren die islamistischen Milizen aus Jowhar abgezogen, die letzte große Stadt auf der wichtigsten Straße nach Mogadischu, 140 Kilometer nördlich der Hauptstadt am Shabelle-Fluss gelegen, umgeben von Hochwassergebieten. „Sie winkten den Bewohnern zum Abschied“, berichtete der somalische Radiosender Shabelle. Wenige Stunden später rückten äthiopische Panzerkolonnen und Kämpfer der Baidoa-Regierung ein.

Jowhar war Mitte Juni an die Islamisten gefallen. Die Bevölkerung hatte damals die neuen Herren begrüßt und die Flucht des bisherigen „starken Mannes“ Dhere gefeiert. Dhere floh damals nach Äthiopien. Jetzt kehrt er zurück – eine Garantie für bessere Zeiten ist das nicht. Aus den Städten Belet Huen und Abudway wird berichtet, dass seit dem Abzug der Islamisten bewaffnete Milizen wieder Straßensperren errichten und nächtliche Überfälle begehen. So etwas musste Somalias Bevölkerung früher ständig erdulden, bis die Islamisten dem ein Ende setzten. Deswegen sind die in der „Übergangsregierung“ versammelten Warlords so verhasst.

Die Islamisten ziehen meist kampflos ab. Sie wollen Äthiopiens Armee so tief nach Somalia hineinziehen, dass sie sich im Guerillakrieg zermürbt – eine aus Irak erprobte Strategie, die wiederum die Bewohner Mogadischus fürchten lässt, ihrer Stadt drohe das Schicksal Bagdads. „Unsere Truppen sollen sich in unseren Basen in und um Mogadischu sammeln und sich auf einen sehr langen Krieg vorbereiten“, erklärte am Dienstagabend Sheikh Sharif Ahmed, Exekutivpräsident des in Mogadischu regierenden Rats Somalischer Islamischer Gerichte. „Der Krieg tritt in eine neue Phase ein. Wir bitten die Welt, auf der Seite des somalischen Volkes zu stehen.“

Während Sharif in Mogadischu sprach, zerstritt sich in New York der UN-Sicherheitsrat. Am Widerstand der USA und Großbritanniens scheiterte ein von Katar vorgelegter Entwurf einer Erklärung, der verlangte, dass „alle ausländischen Truppen sich sofort aus somalischem Gebiet zurückziehen und ihre militärischen Operationen in Somalia einstellen“.

Der Kommissionspräsident der Afrikanischen Union (AU), Alpha Oumar Konaré, erklärte gestern allerdings: „Wir rufen zum sofortigen Abzug der äthiopischen Truppen auf.“ Ähnlich hatten sich zuvor Kenia und Dschibuti geäußert.

Aus äthiopischer Sicht ist der Endsieg greifbar nahe. Nach Jowhar zogen sich die Islamisten gestern Nachmittag auch aus Balad zurück, nur 30 Kilometer vor der Hauptstadt. Der Botschafter der somalischen „Übergangsregierung“ in Äthiopien, Abdikarin Farah, kündigte an: „Unsere Truppen werden Mogadischu umstellen, bis sie [die Islamisten] kapitulieren.“