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Archiv-Artikel

GRAFITE, Stürmer Einsam an der Spitze

Die Last auf seinen Schultern kann ihm eigentlich nichts anhaben. Grafite, 1,89 Meter groß und ein Hüne von Stürmer, war schon Torschützenkönig der Bundesliga und kennt auch die Durststrecken. Warum sollte ein Stürmer wie er daran verzweifeln, dass seinem Arbeitgeber die Stürmer ausgegangen sind? Der VFL Wolfsburg möchte sich neu sortieren und hat mit Edin Dzeko gerade seinen mit Abstand besten Angreifer für mehr als 30 Millionen Euro an Manchester City verkauft. „Ich hoffe, dass Edin dort genauso viel Erfolg hat wie bei uns“, sagte Grafite zum Abschied. Das klang selbstlos. Aber tatsächlich ist in der Winterpause ein Traumduo geschieden worden. Und Grafite ist derzeit der einzige echte Stürmer im Kader des VFL.

Beim 1 : 0-Erfolg gegen Mainz am vergangenen Samstag hieß der Torschütze Simon Kjaer, beim 1 : 1 gegen die Bayern eine Woche vorher schoß Sascha Riehter das Tor. Kein Grafite. Das könnte damit zu tun haben, dass die Personalpolitik beim VFL, wo man nach einer völlig verkorksten Hinrunde an einem Neuaufbau arbeitet, den 31-Jährigen in eine ungeliebte Rolle drängt. Stoßstürmer nennt man jene Fußball-Angreifer, die von wuchtiger Statur sind und allein auf weiter Flur den Ball behaupten sollen.

Dass der bullige Grafite viel besser ist, wenn er kontern und auf seine Gegenspieler zurennen darf, wissen alle Beteiligten. Aber ein weiterer Angreifer ist noch nicht gefunden, was für einen Verein mit hohen Ambitionen ein Kuriosum bleibt.

Bevor Grafite einen Fußballplatz betritt, bekreuzigt er sich und betet. „Ich bitte Gott darum, dass er mich während des Spiels beschützt, damit ich ein gutes Spiel machen kann“, sagt der Mann aus Campo Limpo Paulista. Wie gut ein Spiel des VFL Wolfsburg ausfällt, darüber entscheidet neben Trainer Steve McClaren, dessen Arbeitsplatz durch den Erfolg bei Mainz 05 vorerst gesichert ist, aber vor allem Dieter Hoeneß. Als Vorsitzender der Geschäftsführung zeichnet er die entscheidenden Buchungsposten für den Verein ab und wird auch darüber entscheiden, ob Grafite bis zum Ende der winterlichen Transferperiode am 31. Januar noch einen neuen Partner im Sturm bekommt.

Mit neuen Kollegen im Team ist laut Wolfsburgs Manager Dieter Hoeneß jedenfalls demnächst zu rechnen. „Wir werden nächste Woche was präsentieren, davon gehe aus. Wir arbeiten fieberhaft daran“, sagte Hoeneß am Samstag. Der Leverkusener Patrick Helmes, Münchens Mark van Bommel und Kaiserslauterns Torjäger Srdjan Lakic werden als mögliche Kandidaten gehandelt.

Der VFL sollte Grafite jemanden an die Seite geben, mit dem er spielen kann. Damit der Fußball dem Hünen wieder leichter fällt. CHRISTIAN OTTO