LATEINAMERIKA: DEN POLIT-STAR HUGO CHÁVEZ NACH DEUTSCHLAND LADEN : Sprich mit ihm!
Im Juni 2007 will Angela Merkel in Heiligendamm zum G-8-Gipfel laden. Unter dem Motto „Wachstum und Verantwortung“ soll sich der Rest der Welt an der „Wertegemeinschaft“ der Reichen ein Beispiel nehmen. Merkel möchte deshalb auch keine „rein kapitalistische“ Tagesordnung setzen, sondern beispielsweise ausgewählten Wirtschaftsmächten des Südens soziale Mindeststandards für deren Arbeitsmärkte schmackhaft machen. Hartz IV als Exportschlager?
Putin und Bush sollen sich also auch noch um Afrika, Aids oder den Klimaschutz kümmern – ist das nicht ein bisschen zu viel des Guten? Der Gipfel in Edinburgh 2005 sollte Angela Merkel eigentlich eine Warnung sein: Damals ging es angeblich auch um Afrika, und Tony Blair tat sich sogar mit Bono und Bob Geldof zusammen, um seine humanitäre Seite zu zeigen. Und heute? Blair steht vor dem politischen Aus, Bono wartet immer noch auf den Friedensnobelpreis, und den Menschen in Afrika geht es auch noch nicht besser.
Angela Merkel sollte also besser nach dem Prinzip „Less is more“ vorgehen: Sie sollte die penetranten Rockheinis und die immer gleichen Sonntagsreden zur Rettung der Welt, ja am besten gleich den ganzen G-8-Gipfel vergessen. Stattdessen sollte sie einen Südamerikaner einladen, der nicht nur singen kann, sondern auch etwas zu sagen hat, und für den sich deshalb auch immer mehr Deutsche interessieren: Wie wäre es mit Hugo Chávez aus Venezuela?
Liebe Frau Merkel: Organisieren Sie doch bitte irgendwo ein paar Streitgespräche über Gott und die Welt, die live im Fernsehen übertragen werden: Chávez gegen Tony Blair, gegen George W. Bush oder unseren obersten Finanz- und Moralexperten Horst Köhler. Das hätte für das Publikum in aller Welt einen höheren Unterhaltungs- und Bildungswert, als Herbert Grönemeyers Fans symbolisch gegen Hunger und Armut aufstehen zu lassen.
Gleichzeitig würden Sie den lästigen Nörglern von Attac und ähnlichen Störenfrieden damit den Wind aus den Segeln nehmen. Oder wollen Sie der Welt lieber unbedingt vorführen, wie gründlich die deutsche Polizei arbeitet? Dabei ließen sich die Euro-Millionen für den 13 Kilometer langen Zaun und all die anderen Sicherheitsmaßnahmen, die es braucht, um so einen Gipfel gegen unerwartete Zwischenfälle abzusichern, sicher besser verwenden: zum Beispiel als Gage für Hugo Chávez. Der würde sie bestimmt sogar in ein paar hübsche Bildungs- oder Gesundheitsprogramme in Venezuela stecken.
GERHARD DILGER, PORTO ALEGRE