Mogadischu kommt nicht zur Ruhe

Proteste gegen Äthiopiens Armee in Somalias Hauptstadt. Siegreiche „Übergangsregierung“ will lokale Milizen entwaffnen und kündigt Machtübernahme zusammen mit Äthiopien an. Islamisten wollen weiterkämpfen. Kenia schließt Grenze

VON DOMINIC JOHNSON

Nach dem Zerfall der islamistischen Regierung in Somalias Hauptstadt Mogadischu hat die von Äthiopiens Militär getragene „Übergangsregierung“ ihre Autorität in der Zwei-Millionen-Stadt noch nicht behaupten können. Erst gestern Nachmittag fuhr Ali Mohamed Gedi, Premierminister der „Übergangsregierung“, in einem Konvoi meist äthiopischer Soldaten aus der Kleinstadt Afgoye am Rande von Mogadischu in den Süden der Hauptstadt. Nur wenige hundert Menschen begrüßten ihn am Straßenrand.

Im Norden Mogadischus demonstrierten zugleich mehrere tausend Menschen gegen die Präsenz äthiopischer Truppen. Sie warfen mit Steinen und blockierten Straßen mit brennenden Reifen. In der Nacht hatte Äthiopiens Armee Panzer und Soldaten an strategischen Stellungen in Mogadischu stationiert. Der somalische Rundfunksender Shabelle sprach von 1.000 äthiopischen Soldaten in der Hauptstadt. Sie schlugen ihr Hauptquartier auf dem früheren Gelände der US-Botschaft auf.

In Afgoye hatte Premierminister Gedi zuvor Verhandlungen mit den traditionellen Führern der Clans von Mogadischu geführt. Die Clanführer waren nach dem Abzug der Islamisten in der Nacht zum Donnerstag als einzige politische Kraft in der somalischen Hauptstadt übriggeblieben. An ihnen liegt es, ob sie die Baidoa-Regierung nun in Mogadischu regieren lassen.

In ersten Erklärungen schlug Gedi einen harten Ton an. „Ich will die gesamte Bevölkerung entwaffnen“, erklärte der Premierminister und sagte, ab heute werde für drei Monate das Kriegsrecht über Somalia verhängt. „Um die Sicherheit wiederherzustellen, brauchen wir eine starke Hand, besonders mit Milizen“, so Gedi weiter. „Kein Clan wird Waffen irgendeiner Art besitzen dürfen. Die Hauptstadt wird von unseren guten Freunden gesichert werden, den äthiopischen Truppen und den somalischen Kräften.“ Damit stellte sich Gedi klar gegen die lokalen Clanführer der Hauptstadt.

Die Islamisten kündigten aus dem Süden Somalias eine Fortsetzung ihres Kampfes an. „Wir werden nicht weglaufen“, sagte Sheikh Sharif Sheikh Ahmed, Vorsitzender des „Rates Somalischer Islamischer Gerichte“ (SICC), gestern in der Hafenstadt Kismayo. Milizenführer Ibrahim Bilal sagte: „Wir werden uns den Äthiopiern niemals ergeben. Wir werden ihre Konvois in ganz Somalia aus dem Hinterhalt angreifen. Die islamischen Kräfte sind überall im Land.“

Angesichts des Rückzugs der Islamisten in den Süden Somalias schloss die Regierung des Nachbarn Kenia am Donnerstag seine Grenze zu Somalia. Die UNO kündigte die Wiederaufnahme ihrer wegen der Kämpfe gestoppten Transportflüge für Hilfsgüter in Somalia an.