kabinenpredigt : Ganz am Rand
Das Jahr 2006 gibt Hoffnungen für 2008. Diese Einschätzung formulierte sinngemäß Norbert Skowronek, der Direktor des Berliner Landessportbunds, als er jüngst über die Leistungen der hiesigen Spitzen- und Nachwuchssportler sprach und dabei an die Olympischen Spiele in Peking dachte. Von 2007 war nicht die Rede.
In der Sportwelt denkt man bevorzugt von Großereignis zu Großereignis – da werden eventärmere Jahre gedanklich gern übersprungen. „Zeit ist nur dadurch, dass etwas geschieht, und nur dort, wo etwas geschieht“, hat der Philosoph Ernst Bloch einmal gesagt.
Nun ist es nicht so, dass im Berliner Sportkalender 2007 gähnende Leere herrscht. Hier findet wieder das DFB-Pokalfinale, das internationale Leichtathletikmeeting Istaf und der Berlin-Marathon statt. Doch diese Termine verleihen dem Jahr wegen ihrer alljährlichen Wiederkehr keinen besonderen Glanz.
Gut, das Eröffnungsspiel der Handball-WM am 19. Januar in der Max-Schmeling-Halle sollte nicht unerwähnt bleiben. Aber angesichts 91 weiterer WM-Spiele, die in Deutschland ausgetragen werden, ist das ein sehr bruchstückhaftes Vergnügen. Und sonst? Die WM im Modernen Fünfkampf wird zwar im August komplett in Berlin bestritten. Aber dieses Ereignis symbolisiert vielleicht am besten die Randständigkeit der Stadt in diesem Sportjahr. Denn wer weiß schon, dass sich der Moderne Fünfkampf aus den Einzeldisziplinen Degenfechten, Pistolenschießen, Schwimmen, Springreiten und Querfeldeinlauf zusammensetzt? Das Publikumsinteresse für diesen Mehrkampf ist so gering, dass das Internationale Olympische Kommitee ihn 2002 aus dem Olympischen Programm streichen wollte. Nur massive Lobbyarbeit verhinderte dies.
Der Moderne Fünfkampf ist also in Not. Vielleicht sollte man ihn zur Sportart des Jahres 2007 ernennen – so wie man die vom Aussterben bedrohte Ritterwanze zum Insekt des Jahres gekürt hat. Durch die vermehrte Aufmerksamkeit wäre nicht nur der Randsportart gedient, sondern auch dem Standort Berlin. Johannes Kopp