DAS NEUE ELTERNGELD IST ZEICHEN EINER NEUEN CDU-FAMILIENPOLITIK : Konsens für Babys
Selten ließ sich eine Reform so gefühlig vermarkten: mit süßen Säuglingen und Paaren, die in Fernsehkameras strahlen. Das neue Elterngeld ist eben nicht nur eine politische Innovation, die Hunderttausende erfreut. Es ist auch ein gelungenes PR-Projekt. Die Regelung ist in der Tat eine Vorzeigereform, mit der die Koalition bezeugen kann, dass sie sehr wohl handeln kann und nicht nur streiten oder vertagen. Und nebenbei machte sie Ursula von der Leyen so bekannt wie wohl keine andere Familienministerin vor ihr.
Fast vergessen ist, dass die CDU-Ministerin ein Anliegen durchsetzt, dass eigentlich ein Kernvorhaben ihrer SPD-Vorgängerin Renate Schmidt war. Dass Schmidt das Konzept entwickeln, aber nicht umsetzen konnte, war teilweise durch das Machtgefüge in der rot-grünen Koalition begründet. Schmidts Pech war es aber auch, dass sie in einer Zeit Familienministerin war, in der der Geburtenrückgang und mögliche Auswege nicht derart stark wie jetzt im Fokus der gesellschaftlichen Debatte standen.
Zudem brauchte es wohl eine CDU-Ministerin, um ein Konzept umzusetzen, das im Ruch der Förderung von Besserverdienenden steht. Das gilt besonders für seine jetzige Form: Während Schmidt für ein Elterngeld eingetreten war, das niemanden schlechter stellt als zuvor, gibt es beim nun gültigen Gesetz sehr wohl Verlierer. Viele Arbeitslose und Studierende standen mit dem alten Erziehungsgeld besser da.
Letztlich belegt das Elterngeld, wie sehr sich Ideale angeglichen haben. Auch die CDU orientiert sich nicht mehr primär am Leitbild der Hausfrau, sondern stellt die berufstätige Mutter gleichberechtigt an ihre Seite – schon aus der Einsicht heraus, dass sich viele junge Großstädterinnen nur so für die Partei gewinnen lassen. Das Elterngeld ist nur ein Beispiel dieses neuen Denkens. Auch das stärkere Eintreten für den Kita-Ausbau bezeugt den geänderten Kurs. Umso wichtiger ist es, dass die große Koalition die Chancen nutzt, die sich aus diesem Grundkonsens ergeben. Sie sollte an ihrem Reformeifer festhalten – auch dann, wenn das Modethema Familie aus den Schlagzeilen verschwunden ist. COSIMA SCHMITT