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Archiv-Artikel

Erinnern für das Leben

GEDENKWOCHEN Anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus findet im Bezirk Nord wieder die „Woche des Gedenkens“ mit einer Reihe von Zeitzeugengesprächen, Lesungen, Konzerten und Filmen statt

Mit der „Jugend im Nationalsozialismus“ befasst sich die zentrale Gedenkveranstaltung

VON GASTON KIRSCHE

Der Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagerkomplexes Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 ist auch in diesem Jahr Anlass für eine Reihe von Ausstellungen und Veranstaltungen, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnern und der Opfer seiner Gewaltherrschaft gedenken.

Seit mehr als zehn Jahren findet aus diesem Anlass im Bezirk Nord die von der Bezirksversammlung angeregte „Woche des Gedenkens“ statt. Dabei gibt es kaum ein Stadtteilzentrum in Hamburgs Norden, in dem nicht in den kommenden Wochen etliche Zeitzeugenberichte zu hören sein werden und vielfältige Lesungen, Filme, Austellungen, Konzerte oder Theateraufführungen stattfinden.

Mit dem Thema „Jugend im Nationalsozialismus“ befasst heute sich ab 18 Uhr etwa die zentrale Gedenkveranstaltung im Großen Sitzungsaal der Bezirksversammlung. Anwesend wird dort der Zeitzeuge Sally Perel sein: Der überlebte die Shoah, weil er sich erfolgreich als deutscher Volksgenosse ausgab – und nicht als Jude identifiziert wurde. Bekannt wurde seine Geschichte durch den Film „Hitlerjunge Salomon“, der am kommenden Samstag in Anwesenheit von Sally Perel um 15 Uhr im Magazin-Kino vorgeführt wird.

Gleich zweimal auftreten wird die KZ-Überlebende und Vorsitzende des Auschwitzkomitees Esther Bejarano: gemeinsam mit ihrer Band „Die Bejaranos“ und mit der „Microphone Mafia“ und dem kämpferischen und lebenslustigen Musikprogramm „Per la Vita“ – für das Leben.

Schwere Kost ist dagegen „Idi I Smotri“ – „Komm und Sieh“. In seinem überwältigenden Spielfilm schafften es Elem Klimow und sein Filmkollektiv 1985, eine Bildersprache für die von den Deutschen verbrochene „verbrannte Erde“ zu finden. Der Film spielt 1943 in Weißrussland, wo die deutschen Wehrmachtssoldaten auf ihrem Rückzug 628 Dörfer niederbrannten und alles Leben auszulöschen versuchten. Viele erschütternde sowjetische Erzählungen wie die des 14-jährigen Fljora Gajschun hat Elem Jklimow ausgesucht, um aus seiner Sicht das Wüten der Deutschen zu zeigen. Der Junge schließt sich als Späher einer Gruppe von PartisanInnen an, die, selbst versprengte Opfer des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, aus den Wäldern heraus mit dem Mut der Verzweiflung die Wehrmacht attackieren. Er findet keine Ruhe, um seine Familie zu betrauern. Ohnmächtig sieht er mit an, wie in einem weiteren Dorf wie in seinem alle EinwohnerInnern in die Kirche betrieben werden und dort von den Deutschen lebendig verbrannt werden. Fljoras Gesicht altert, versteinert im Laufe des Filmes. Das Leid im Herzen eingeschlossen, will er nur noch kämpfen. Allein sollte sich niemand diesen Film ansehen: Es ist ein erschütternder Film, der wütend macht – aber deshalb auch ein wichtiger Film.

■ Die „Woche des Gedenkens“ findet bis Ende Februar statt. Infos und Programm: www.keine-stimme-den-nazis.org/images/TerminePDF/flyer2011.pdf