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Archiv-Artikel

Volksbegehren: Es wird ernst

Ab Ende Februar muss sich eintragen, wer die direkte Demokratie stärken und dem Senat einen Denkzettel für das Ignorieren des Volkswillens geben will. Initiatoren empfehlen Briefabstimmung

von Gernot Knödler

Der Kampf um die Volksgesetzgebung geht in eine kritische Runde. Zwischen dem 13. Februar und dem 5. März müssen mindestens 60.747 Wahlberechtigte die Volksbegehren für eine Erleichterung der Volksgesetzgebung unterschreiben. Würde diese Zahl nicht erreicht, hätte sich der CDU-Senat mit seiner Taktik, die Volksentscheide zuerst zu ignorieren und dann zu erschweren, durchgesetzt. Der Haken an der Sache: Die beiden Volksbegehren finden unter den vom CDU-Senat erschwerten Bedingungen statt.

Das Erste der Volksbegehren, die Landesabstimmungsleiter Willi Beiß gestern bekannt gemacht hat, will die Hamburger Verfassung ändern: Volksentscheide sollen für den Senat künftig verbindlich sein, auch wenn sie nicht als Gesetz formuliert wurden. „Wir wollen, dass Volksentscheide wirkungsvoll sind“, sagen die Vertrauensleute des Volksbegehrens, Angelika Gardiner (Mehr Demokratie), Jürgen Mackensen (Patriotische Gesellschaft) und Frank Teichmüller (DGB). Sie vertreten ein Bündnis aus mehr als 32 Vereinen, Parteien, Initiativen und Gewerkschaften.

Hintergrund sind die Erfahrungen mit den Volksentscheiden zum Verkauf des ehemaligen Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) und zum Bürgerschaftswahlrecht. Mit Hilfe der CDU-Bürgerschaftsmehrheit hatte der Senat den LBK trotz eines gegenteiligen Votums der Hamburger verkauft. Das per Volksentscheid beschlossene Wahlrecht änderte der Senat so, dass es seine von den Verfassern beabsichtigte Wirkung verlor.

Das zweite Volksbegehren soll das Volksabstimmungsgesetz selbst reformieren. Früher konnten Unterschriften für Volksbegehren überall gesammelt werden: auf der Straße, in Betrieben, in Vereinen. Die CDU-Mehrheit in der Bürgerschaft hat das geändert. Wer unterschreiben möchte, muss sich aufs Amt begeben. „Das ist Schikane“, finden Gardiner, Mackensen und Teichmüller. Mit dem Volksbegehren wollen sie die freie Unterschriftensammlung wieder einführen.

Denn die beiden anstehenden Volksbegehren können Wahlberechtigte nur in 20 Eintragungsstellen zu teilweise moderat verlängerten Bürozeiten unterschreiben – normalerweise zwischen zehn und 16 Uhr, an den Donnerstagen und am letzten Tag der Eintragungsfrist zwischen acht und 18 Uhr, am letzten Samstag von neun bis 13 Uhr. Die Eintragungsstellen befinden sich in den Bezirks- und Ortsämtern oder deren Kundenzentren.

Bei den Initiatoren der Volksbegehren ist die Angst groß, dass viele Menschen an keinem der 15 Tage Zeit finden, aufs Amt zu gehen, oder es im Alltagstrubel vergessen. Sie empfehlen daher, eine Briefeintragung ähnlich der Briefwahl zu beantragen. Formulare können bei den Briefeintragungsstellen in den Bezirksämtern per Brief, Fax oder E-Mail bestellt werden.

Das Volksbegehren ist die zweite von drei Hürden bei der Volksgesetzgebung. Die Volksinitiativen für die beiden laufenden Verfahren hatten sich im Februar 2005 durchgesetzt. Sind die Volksbegehren ebenfalls erfolgreich, kommt es im Februar 2008 zu zwei Volksentscheiden. Um als angenommen zu gelten, müssen die entsprechenden Vorlagen die Mehrheit der gültigen Stimmen auf sich vereinen. Außerdem muss mindestens ein Fünftel der Wahlberechtigten zugestimmt haben.