…WAS MACHEN EIGENTLICH ... die Damen vom „Kurier“? : Den männlichen Blick schulen
Sagen wir mal, Sie sind ein Mann. So ein richtiger Mann. Was man halt so „richtiger Mann“ nennt. Einer mit Armen, Beinen, Bauch und auch was dazwischen, da zwischen den Beinen. Einer mit einem Kopf, Hals drunter ist optional, aber Augen müssen sein. Augen, so groß, dass das Sehen schon reicht, um das, was gesehen wird, besitzen zu wollen. So einer eben. Es ist ja auch nicht verboten, was zu sehen und zu begehren. Oder?
Aber hier geht es nicht darum, zu urteilen, hier geht es darum, erst mal Tatsachen zu sagen. Eine Tatsache ist, dass der Berliner Kurier, dieses Blatt, das von richtigen Männern gelesen wird (von richtigen Frauen auch, aber die sind jetzt nur gemeint, wenn sie lesbisch sind), dass dieses Blatt in der gestrigen Ausgabe den Lesern einen Pin-up-Kalender vermacht hat. Lesern? Nein, Seher sind gemeint. Was sehen sie? Im Januar eine blondierte Nackte, die ihren Hintern herzförmig in die Luft streckt. Im Februar eine nackte Blondierte mit Kussmund. Im März eine Dunkelhaarige im Höschen. Im April usw. Ganz so einförmig ist es dann doch nicht. Dem Kurier-Seher wird mehr zugetraut. Die im Mai etwa, die hat Blickfangbrüste. So groß, dass selbst Schafe dort zuerst hinschauen. Die Haut in ihrem Gesicht aber ist großporig. Unter der Schminke ist sie aknevernarbt. Das macht sie normal.
Falsch gedacht, wer meint, mehr Weltoffenheit werde den Kurier-Sehern, deren Blick für den deutschen Standard durch die Gazette geschärft wird, nicht abverlangt. Das Blatt, das eine große Verbreitung in den Bezirken mit NPD-Wählerschaft hat, bietet im September noch ’ne Überraschung: Die Nackte ist dunkelhaarig, ihre Haut nicht nur solargebräunt.
Soll man jetzt „Hurra“ schreien? Oder sagen: Super, die Macher unterwandern ihre Klientel mit subversiven Methoden? Wieder falsch. Für ’nen „richtigen Mann“ ist ’ne Frau mit Titten auf einem Kalenderblatt nur ein Stück abgebildetes Fleisch. Das könnte auch grün sein. WS
Ausriss: „Berliner Kurier“