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Archiv-Artikel

Kenia hat Angst vor Somalias Krieg

Verschärfte Grenzpatrouillen, Verhaftungen mutmaßlicher somalischer Kämpfer mit Pässen aus Eritrea und Kanada: Kenia hat an seiner Nordostgrenze viel zu tun, damit Somalias Krieg nicht über die Grenze kommt. Somalias Islamisten verschanzen sich

AUS NAIROBI ILONA EVELEENS

Der konventionelle Krieg in Somalia ist zunächst vorbei; nun wird Kenia immer mehr in den Konflikt im Nachbarland hineingezogen. Die durch Äthiopiens Militärintervention besiegten Führer der islamistischen Schariagerichte in Somalia haben sich in das somalisch-kenianische Grenzgebiet zurückgezogen, in die Region Buur Gaabo, ein schwer zugängliches Gelände aus Hügeln und Dschungel.

Kenia hat zusätzliche Soldaten und Polizisten an die Grenze geschickt, aber es bleibt leicht, sie ungesehen zu überqueren. „Wir versuchen, die möglichen Wege abzuriegeln, die Flüchtlinge oder islamistische Milizen nehmen können. Wir überprüfen sie; Flüchtlinge werden in die Lager geschickt, Kämpfer werden von uns verhört“, erklärt ein Armeekapitän. Die Polizei hat nach eigenen Angaben zehn islamistische Kämpfer aus Somalia verhaftet. Acht hatten eritreische Pässe, zwei kanadische – in Kanada leben zahlreiche somalische Flüchtlinge.

Die Region entlang der 800 Kilometer langen Grenze ist Siedlungsgebiet ethnischer Somali-Hirten. Sie überqueren häufig mit Vieh die Grenze auf der Suche nach Grasland und Wasser. Mitglieder der islamistischen Milizen aus Somalia brauchen bloß ihre Uniformen auszuziehen, um leicht innerhalb der somalischen Gemeinschaften in Kenia aufzugehen.

Fliehende Kämpfer aus Somalia und ihre Führer versuchen, in die kenianische Hauptstadt Nairobi zu gelangen; im Stadtviertel Eastleigh leben überwiegend ethnische Somalis. „Wir sind geteilter Meinung über das Geschehen in Somalia“, erklärt der Geschäftsmann Abdi. „Die eine Hälfte ist für die Schariagerichte, die andere Hälfte für die Regierung. Aber was auch immer unsere persönliche Wahl ist – einem somalischen Bruder werden wir immer helfen.“ Abdi verkauft in einem kleinen Laden Handys. In Eastleigh kann man alles kaufen. Auch schwere Waffen. Die Preise sind günstig, weil Ostafrika mit Waffen aus Kriegsländern wie Somalia, Sudan und Kongo überschwemmt ist.

Vor Somalias Küste patrouilliert die US-Marine. Auch an Kenias Küste sind Polizei und Militär aktiver geworden. Hier leben die meisten der Muslime Kenias. In den Jahren 1998 und 2000 hielten sich dort auch Al-Qaida-Terroristen auf, bevor sie Anschlage auf die US-Botschaften in Nairobi und Daressalam sowie ein Hotel in Mombasa verübten.

Als Vorsitzender der Regionalorganisation Igad (Intergovernmental Authority for Development) will Kenia noch diese Woche eine Sitzung von deren Mitgliedern organisieren. Kenia glaubt, dass Gespräche zwischen Gewinnern und Verlierern in Somalia stattfinden müssen.

Momentan ist Somalias Übergangsregierung daran offenbar wenig interessiert. Premierminister Mohammed Gedi kündigte am Montag an, innerhalb von drei Tagen solle Somalias Bevölkerung alle Waffen abgeben. Gestern meldete sich ersten Angaben zufolge kein einziger Bürger in den Waffensammelstellen der Regierung in der Hauptstadt Mogadischu.