: Sorge um den wilden Osten
NATURSCHUTZ Die Kirchdorfer Wiesen sollen zum Ausgleich für diverse Bauprojekte herhalten. Planungsrechtlich gesichert ist das aber nur zum Teil
Eingriffe in Natur und Landschaft müssen ausgeglichen werden. In Wilhelmsburg gibt es in dieser Hinsicht reichlich zu tun.
■ Projekte: Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße, Neubau der Stadtentwicklungsbehörde, Gartenschau-Eingang, Bauausstellung in der Bauausstellung, neue Gewässer am Bürgerhaus, Autobahn 26
■ Kompensationen: Erhöhung des Wasserstandes in den Wettern, Bewirtschaftungsverträge für landwirtschaftliche Flächen, Erhaltung und Pflege von Grünland
Was mit den Kirchdorfer Wiesen geschieht, dem Grünland im Osten Wilhelmsburgs, klärt sich erst nach den Wahlen am 20. Februar. Während der südliche Teil planrechtlich weitgehend gesichert ist, befürchten Naturschützer, dass im nördlichen Teil doch noch Wohnungen gebaut werden könnten – obwohl im Stadtteil dagegen Konsens herrscht.
Die Kirchdorfer Wiesen sind feuchtes Kulturland mit seltenen Pflanzen und Tieren wie dem Großen Klappertopf und dem Kiebitz. Einen Teil davon wollten die Planer der Internationalen Bauausstellung 2013 in Wilhelmsburg (IBA) mit einer Öko-Siedlung überziehen. Nach Protesten wurde daraus nichts.
Im Gegenteil: Die Stadtentwicklungsbehörde verplante das Gebiet für Ausgleichsmaßnahmen, mit denen der Umbau Wilhelmsburgs für die IBA und die Internationale Gartenbauausstellung (IGS) kompensiert werden sollte. Dazu sollte das Gebiet auch im Flächennutzungsplan als grün ausgewiesen werden. Dass dieses Verfahren ausgesetzt wurde, hat Horst Bertram vom Botanischen Verein alarmiert.
Relativ sicher sind wohl die Klappertopfwiesen, die sich direkt an Kirchdorf Süd anschließen: In zwei Bebauungsplänen für die IBA und die IGS sind sie als Ausgleichsfläche ausgewiesen. Die Pläne sind fertig, wenn auch noch nicht beschlossen; sie wieder aufzurollen, würden den Zeitplan und den Ruf von IBA und IGS gefährden. Zwei weitere Flächen sind als Ausgleichsgebiete festgesetzt.
Anders sieht es mit dem Rest des Gebiets aus. Zwar gibt es einen Vorschlag des Naturschutzamtes, welche Projekte auf welchen Flächen ausgeglichen werden könnten. Auch besteht eine Generalvereinbarung, dass der Wilhelmsburger Osten nicht bebaut werden soll, wie sowohl der CDU-Bezirksabgeordnete Jörn Frommann als auch der Umweltschützer Harald Köpke vom BUND bestätigen. Konkrete Beschlüsse aber gibt es nicht.
„Der Oberbaudirektor kann den Hals nicht voll genug kriegen“, sagt Köpke. Er sorgt sich vor allem um die Kiebitzwiese, die im Nordwesten direkt an eine Siedlung angrenzt. Dort sei der Boden seit 600 Jahren nicht angetastet worden, so Köpke. Hier zu bauen, hieße ein Bodendenkmal zu zerstören – während es in den Baugebieten noch Lücken gebe.
„Wir halten uns an die geltenden Beschlüsse“, versichert Parlamentarier Frommann. Das Verfahren zur Ausweisung als Grüngebiet wäre so oder so erst im März weitergegangen. Die Sache sei „nicht so dramatisch, wie Herr Bertram das sieht“. KNÖ