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Archiv-Artikel

„Nicht einmal ein richtiges Mittagessen“

Franziska Baldes möchte ihre eigene Tochter am liebsten nicht auf eine offene Ganztagsschule schicken

taz: Frau Baldes, bekommt Ihre Tochter einen Hortplatz?

Franziska Baldes: Nein. Der Hort in den Lilli gehen sollte wird geschlossen. Dafür wurde ein Offener Ganztagsbereich in der benachbarten Grundschule eingerichtet.

Dann haben Sie ja trotzdem eine Nachmittagsbetreuung für Ihre Tochter.

Die Betreuung kann man nicht mit der in Horten vergleichen. In Ganztagsschulen gibt es etliche Probleme. Einmal gibt es zu wenig Personal. In Essen zum Beispiel werden die Pädagogenstellen nach anfänglicher Aufstockung wieder reduziert. Dann gibt es häufig keine Regelung für die Betreuung der Kinder in der Ferienzeit. An manchen Schulen gibt es nicht einmal ein vernünftiges Mittagessen.

Bekommen Sie selbst die Nachteile der Ganztagsschulen gegenüber Horten zu spüren?

Natürlich. Das Kind einer Bekannten von mir geht auf eine Offene Ganztagsschule. Die Frau ist berufstätig und kann sich zum Jahreswechsel keinen Urlaub nehmen, trotzdem muss sie jeden Tag um 16 Uhr ihr Kind abholen, denn länger geht die Betreuung nicht.

Die Landesregierung sagt, die Offene Ganztagsschule sei das Zukunftskonzept.

Viele Schulleiter und Betroffene sind ja auch sehr engagiert bei der Planung, aber jeder tut so, als ob er das Rad neu erfinden würde. Da gibt es dann zum Beispiel große Diskussionen darüber, woher man das beste Mittagessen bekommt. Viele Erzieherinnen sind sauer darüber, dass sie nur noch mit Planen und Managen beschäftigt sind, und sie kaum noch etwas Pädagogisches machen können.

Worin liegen die Schwierigkeiten bei der Planung?

Die Schulen erhalten die nötigen finanziellen Mittel erst, wenn schon alle Voraussetzungen für eine OGS geschaffen sind. Und die müssen ja sozusagen aus dem Nichts entstehen.

Wie schwer trifft es Sie, dass Ihre Tochter keinen Hortplatz bekommt?

Ich muss arbeiten und bin allein erziehend, ein Hortplatz für meine Tochter ist also ein absolutes Muss.

Sie engagieren sich für den Erhalt der Horte. Können Proteste überhaupt etwas bewirken?

Der Protest muss gebündelt werden. Auf einer Protestkundgebung vor dem Landtag haben sich zum ersten Mal Initiativen wie das Elternnetzwerk oder „Essen Steht Auf“ aus ganz NRW zusammengetan. Das war für uns erst der Auftakt zu weiteren Aktionen.

INTERVIEW: LANA STILLE