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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Illusorisch und wirklichkeitsfremd

■ betr.: „Ja zum Antikapitalismus“ von Ralf Hutter, taz vom 25. 1. 11

Man sollte bei der K-Wort-Diskussion bedenken, dass jegliche auch die hier genannten „antileninistischen“ Räte-Konzepte auf einem illusorischen Menschenbild basieren. Sie gehen davon aus, dass es, wenn der Gegensatz von Arbeit und Kapital verschwindet, keinerlei Interessenkonflikte zwischen Menschen geben würde, bzw. sie setzen eine harmonische, interessenkonfliktfreie Gesellschaft voraus. Dies ist illusorisch und wirklichkeitsfremd.

Weiterhin beinhaltet keins der Konzepte, auch das von Rosa Luxemburg nicht, eine rechtsstaatliche Grundlage mit gleichen politischen Rechten für alle Bürger jedweder Klasse. Was ist mit den Menschenrechten von Kapitalbesitzern in Rätekonzepten? Z. B. nach Rosa Luxemburg soll ihr „Widerstand mit eiserner Faust gebrochen“ werden. Rätekonzepte basieren auf dem Good Will von interessenhomogenen Gesellschaften, in denen alle Menschen von sich aus eine neue Ordnung wollen und einander ohne vorhandene Verfassung und einen Staat, der Grundrechte aller durch sein Gewaltmonopol sicherstellt, eben nicht ausrauben, abschlachten und ausbeuten. Diese Menschen gibt es jedoch nicht, man sehe sich nur die sogenannten failed states an? Die Menschen müssten Engel sein, damit sie ohne einen Staat, der sie voreinander – und vor allem die Schwachen vor den Starken – schützt, in Frieden leben können. In Rätekonzepten sucht man vergeblich nach rechtsstaatlichen Elementen, sie sind nicht vorgesehen oder werden als bürgerlich bezeichnet und entwertet. Folglich sind sämtliche „antileninistischen“ Räte- oder Kommunismuskonzepte Humbug.

Ein Leben unter Freien und Gleichen in Frieden und Freiheit ist nur im Rahmen einer rechtsstaatlichen Verfassung, die allen Bürgern politische Freiheit und Gleichheit sichert, möglich, das wussten schon die Griechen in der Antike – und die Geschichte spricht für sich. „K“ in jeglicher Version, nein, danke! KATI WSPANIALA, Mainz

Planwirtschaft kaum produktiv

■ betr.: „Ja zum Antikapitalismus“, taz vom 25. 1. 11

Ralf Hutter bringt in seinem Beitrag „Ja zum Antikapitalismus“ einige sehr gute Argumente, warum sich „Die Linke“ eigentlich nicht vom „Kommunismus“ verabschieden muss. Es gibt viele Wege zum Kommunismus (die heute nicht mehr unbedingt nach Moskau führen), aber – so ergänze ich – auch ebenso viele Varianten des Kommunismus. Dass auch die Sozialdemokratie, wenn sie sich in ihrer Politik auf zentralstaatliche Maßnahmen stützt, irgendwie an der sozialistischen Tradition, die durchaus auch mit der kommunistischen Idee zusammenhängt, teilhat, stellt Hutter auch prima dar. Die SPD, eine Mutterpartei der Linken, ist in der Tat keine schlechte Alternative für demokratische Sozialisten in der Linken.

Hutter gibt allerdings nur undeutlich darüber Auskunft, was diese sozialistischen bis kommunistischen Richtungen allesamt gemeinsam haben – die einen mehr, die anderen weniger. Er bezieht sich auf Marx und meint, dass Kommunismus das Gegenteil von Kapitalismus sei. Ich hatte bei Marx allerdings immer den Eindruck, dass er ein Bewunderer des Bürgertums und der gewaltigen Produktivkräfte des Kapitalismus war und dass er den Kommunismus irgendwie aus dem Kapitalismus hervorgehen sah. Ein reiner Widerspruch ist das für mich nicht.

Aber vielleicht müsste man den Satz: „Was am Kapitalismus schlecht ist, gibt es im Kommunismus nicht, was gut ist, schon“, ja auch noch ergänzen: „Was am Kapitalismus gut ist, gibt es im Kommunismus nicht.“ Eine Planwirtschaft erweist sich nach meinem Eindruck jedenfalls weder in der Theorie noch in der Praxis als besonders produktiv. Daher sehe ich die staatliche Misswirtschaft des einst „Realexistierenden Sozialismus“ auch nicht als Zufall. Wer die Wirtschaft eines Landes nach seinen Vorstellungen planen will, wird ohne zentrale Lenkung nicht auskommen. Diese aber ist Ursache schlechten Wirtschaftens. Diesen Zusammenhang hat auch Marx nicht gesehen oder im Streit mit den Anarchisten einfach verdrängt.

CHRISTIAN RODE, Baunatal

Töten ohne Thiopental

■ betr.: „Der Todesspritze geht das Gift aus“, taz vom 24. 1. 11

Ich bin eindeutig gegen die Todesstrafe und damit gegen jegliche Art von Hinrichtung.

Den Mangel an Thiopental kann ich aber nur sarkastisch kommentieren. JedeR AnästhesistIn und jede Anästhesiefachpflegekraft besitzt nach kurzer Ausbildungszeit das Rüstzeug, um eine „humane“ Hinrichtung durchzuführen – auch ohne Thiopental. Die Leute aus Huntsville sollten mal beim Arzt von Michael Jackson nachfragen. Außerdem hätten wir noch einige Chargen an Thiopental, noch nicht abgelaufen …Tut mir leid, anders kann ich das nicht kommentieren. ULRICH GROTE, Karlsruhe

Frauen mit gemeint?

■ betr.: „Berlusconi allein zu Haus“, taz vom 22. 1. 11

Schade, dass auch in der taz Frauen bei Männern immer noch mitgemeint sind. Oder warum sonst schreibt Michael Braun vom Projekt Schwulenehe in Italien, wo doch offensichtlich die Homoehe gemeint ist? Aber ach nee, ich weiß: Im Land des Machismo hat man(n) von Anfang an nur Männern die gleichgeschlechtliche Ehe ermöglichen wollen. Oder hat Berlusconi am Ende die Schwulenehe verhindert, die Lesbenehe aber stillschweigend durchgewinkt (vielleicht in der Hoffnung, ein paar Lesben würden ihn aus Dankbarkeit in der Hochzeitsnacht zusehen lassen)? NINA BALZ, München