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Archiv-Artikel

USA und Japan im Strudel

SCHULDEN Der IWF warnt die Wirtschaftsriesen vor der desolaten Lage ihrer öffentlichen Haushalte. Rating-Agenturen stufen Japans Bonität herab und drohen den USA

„Die Länder können sich nicht selbst aus der Spirale befreien“

CARMEN REINHART, US-ÖKONOMIN

VON TARIK AHMIA

Angesichts desolater Staatsfinanzen hat der Internationale Währungsfonds (IWF) Japan und die USA aufgefordert, schnell Pläne zur Sanierung ihrer Haushalte vorzulegen. Andernfalls könnten die Finanzmärkte die beiden Länder ins Visier nehmen und für neue Kredite höhere Zinsen verlangen, warnte der IWF.

Kurz zuvor hatte die Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) die Kreditwürdigkeit Japans erstmals seit 2002 um eine Stufe herabgesetzt. Mit der neuen Bewertung AA– liegt Japan drei Stufen unter der Bestnote. Je schlechter die Note ausfällt, desto schwieriger wird es, frische Kredite aufzunehmen.

Allerdings ist Japan nicht so abhängig von diesen internationalen Geldgebern wie die meisten anderen Länder, denn seine Schulden werden zu 95 Prozent von inländischen Gläubigern wie Pensionskassen und Banken gehalten.

Inzwischen wird mehr als die Hälfte des japanischen Haushalts auf Pump finanziert. Nippons gesamte öffentliche Verschuldung ist auf gut 200 Prozent seiner Wirtschaftsleistung gestiegen. In den USA liegt das Gesamtdefizit bei 94 Prozent. Als kritisch bewertet der IWF, wenn die Schulden eines Landes 90 Prozent seiner Wirtschaftsleistung übersteigen. Ein langsames Wachstum, Steuersenkungen und Konjunkturprogramme lassen die Gesamtverschuldung der USA derzeit schneller wachsen als in Griechenland. Nach amtlichen Schätzungen wird sie bereits 2012 die jährliche US-Wirtschaftsleistung übersteigen und weiter zulegen. 2011 wird allein die Neuverschuldung voraussichtlich bei 10,75 Prozent der US-Wirtschaftskraft liegen.

Bislang arbeiten die USA allerdings nicht ernsthaft daran, ihre Schulden abzubauen. Sie sollen nach Berechnungen des Finanzministeriums sogar noch weiter zulegen: bis 2015 auf 135 Prozent ihrer Wirtschaftskraft – das wären 19,7 Billionen US-Dollar. Das Risiko, dass die USA ihr Spitzenrating AAA einbüßen, werde in den kommenden zwei Jahren steigen, teilte die Rating-Agentur Moody’s mit.

Ein Ende der Schuldenspirale ist für beide Länder nicht in Sicht. Die Rating-Agentur S&P kritisierte, der japanischen Regierung fehle ein glaubwürdiger Plan, um die Schulden abzubauen. Japan befindet sich bereits seit 22 Monaten in einer Deflation, in der die Wirtschaft mit sinkenden Preisen kämpft. In dieser Situation geben die Bürger weniger Geld aus, weil sie erwarten, in Zukunft billiger einkaufen zu können.

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos erklärte die US-Ökonomin Carmen Reinhart, sie erwarte nicht, dass sich die beiden Länder aus der Schuldenspirale selbst befreien können. Sie forderte dazu auf, den Schuldenabbau durch eine stärkere Regulierung voranzutreiben.

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