: SPD-Wahlkampf mit Schoßhündchen
In Frankfurt am Main kämpft die Sozialdemokratie mit ihrem Kandidaten Franz Frey um den Posten des Oberbürgermeisters. Die Bündnisgrünen, verbandelt mit der schwarzen Amtsinhaberin Petra Roth, haben keinen eigenen Kandidaten aufgestellt
AUS FRANKFURT AM MAIN KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Auf riesigen Plakatwänden ist in Frankfurt derzeit ein Hund zu sehen. Er trägt eine Zipfelmütze mit weißem Bommel. Der seltsame Aufzug steht dem Vierbeiner nicht schlecht. Den lustigen Hund würden viele Frankfurter WählerInnen wahrscheinlich sofort nehmen. Aber den schmalen, unrasierten Sozialdemokraten, der im roten Hemd danebensteht? Es ist Franz Frey (58), SPD-Kandidat für die bevorstehende Wahl des Frankfurter Stadtoberhaupts. Frey versucht, die populäre CDU-Frau Petra Roth aus dem Rathaus zu verdrängen. Keine leichte Sache.
Zwar haben die Bündnisgrünen auf die Aufstellung eines eigenen Bewerbers verzichtet. Man will damit Rücksicht auf den schwarzen Koalitionspartner nehmen, mit dem zusammen die Grünen im Stadtparlament die Regierungsmehrheit stellen. Nebenbei hat man auch gar keinen zugkräftigen Kandidaten. Der grüne Hansdampf in allen Gassen, der Europaabgeordnete Dany Cohn-Bendit (61), hatte abgewunken. Einen offiziellen Wahlaufruf für die amtierende schwarze Oberbürgermeisterin Petra Roth gibt es aus der grünen Ecke freilich auch noch nicht.
Im grünen Lager werden sie allerdings nicht müde darauf hinzuweisen, dass ein Sieg von Frey ganz sicher Gift für die Stadtregierung aus Union und Grünen wäre – denn dann hätte man einen Oberbürgermeister von der SPD vor der Nase. Weit aus dem Fenster gelehnt hat sich der Kreisvorsitzenden der Grünen, Olaf Cunitz, der in seltener Personalunion bei den Grünen auch Fraktionschef im Römer ist. „Koalition stabilisieren – Roth wählen“, heißt seine persönliche Parole – die Cohn-Bendit gar nicht schmeckt. Der Europapolitiker mit Wohnsitz in Frankfurt mag sein Kreuz weder bei Roth noch bei Frey machen. Und deshalb geht der grüne Dany am Wahlsonntag lieber zum Brunch – was grüne Koalitionäre irgendwie unpolitisch finden.
Doch Frey kämpft wohl ohnehin auf verlorenem Posten. Zudem hat auch die Linke (PDS) einen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt, der populistisch den Nulltarif für alle öffentlichen Verkehrsmittel propagiert. Doch die kurze Wahlkampfzeit erlaubt es Frey kaum, sein größtes Manko wettzumachen: den außerordentlichen Mangel an Popularität. Wer ist Franz Frey? Nur die wenigsten Frankfurter können mit diesem Namen etwas anfangen. Schon bei den Kommunalwahlen im März war die Partei, erstmals mit Frey an der Spitze, grandios gescheitert. Nur noch 24 Prozent der Wähler wollten die SPD im Römer sehen.
Und jetzt soll es ausgerechnet dem Verlierer Frey gelingen, der in der Stadt ungemein populären Petra Roth das Amt der Oberbürgermeisterin abzujagen? Nach einem letzten Umfrageergebnis (Ipos) wollen gerade einmal 25 Prozent der zum Gang an die Wahlurnen schon entschlossenen Frankfurter Franz Frey wählen; 73 Prozent dagegen die Amtsinhaberin. „Frey wird die Wahl haushoch verlieren“, konstatierte denn auch wenig überraschend der Kreisvorsitzende der Union, der amtierende hessische Wissenschaftsminister Udo Corts. Mit seinem Einsatz für die Einführung der Citymaut für Pendler aus Umweltschutzgründen und zur Sanierung der Stadtkasse kurz vor Weihnachten zündete Frey dann auch noch einen programmatischen Rohrkrepierer. Die BürgerInnen waren mit großer Mehrheit dagegen.
Roth wird in der Wirtschaftspolitik, bei den Themen Sicherheit und Kultur und vor allem in Sachen Repräsentanz der Stadt nach außen vom Wahlvolk weit mehr zugetraut als ihrem roten Konkurrenten. Frey dagegen wird lediglich etwas mehr Kompetenz in der Sozial- und Integrationspolitik attestiert. Siegt Roth also wie erwartet schon im ersten Wahlgang, geht sie in ihre dritte Amtszeit; erstmals mit einer schwarz-grünen Koalition als Rückendeckung. Doch Vorsicht: „Erst wenn nichts zusammenpasst, passt es zu Frankfurt“, meinte einst der Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe. So gesehen hat Frey mit Hund vielleicht doch noch eine Minimalchance. Nutzen will er sie auf alle Fälle. Die prognostizierte schwache Wahlbeteiligung könnte ihm helfen. Bei der letzten Stichwahl um das Amt 2001 gingen gerade noch 40 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen. Und jetzt geht auch noch der Dany lieber ins Arche Nova zu Lachsschnittchen und Latte Macchiato. Lieber jetzt schon reservieren. Dort wird es voll werden.