: Industrielle Spätfolgen
Das Umweltressort legt erstmals einen umfangreichen Bericht über die Altlasten im Bremer Grundwasser vor. Besonders betroffen sind die Neustadt, Sebaldsbrück und Teile von Hastedt
von Jan Zier
Das Grundwasser in Bremen ist zum Teil nach wie vor erheblich mit Schadstoffen belastet. Das geht aus einem umfangreichen Bericht des Umweltressorts vor, der jetzt erstmals systematisch die städtischen Altlasten im Grundwasser auflistet. In weiten Bereichen der Neustadt sowie in Sebaldsbrück raten die Fachleute von einer Nutzung der Gartenbrunnen ab. Diese sind gerade in Bremen „weit verbreitet“, so die Umweltbehörde.
Die schwerwiegendsten Verunreinigungen des bremischen Grundwassers sind durch so genannte leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (LCKW) entstanden. Sie gelten zum Teil als krebserregend und sind biologisch schlecht abbaubar. Einmal ins Grundwasser gelangt, sind sie nach Angaben des Umweltressorts „häufig nur mit großem Aufwand sanierbar“. Freigesetzt werden LCKW zumeist in chemischen oder metallverarbeitenden Betrieben, wo sie als Reinigungsmittel dienen. In Bremen sind vor allem die westliche Neustadt, das Umfeld der Sebaldsbrücker Heerstraße sowie Teile Hastedts mit LCKW kontaminiert – bedingt durch die frühere industrielle Nutzung. Parzellen sind dabei nach Auskunft der Fachleute allenfalls in Einzelfällen betroffen.
Betroffen ist unter anderem eine rund 50 Hektar große Fläche zwischen der Friedrich-Ebert-Straße, dem Neustadtwall und der Bahnstrecke nach Oldenburg. Dort standen und stehen seit 1920 mehrere chemische Reinigungen, eine Großwäscherei sowie ein Chemikalienhandel. Die Sanierungsarbeiten werden laut dem Schadensbericht „voraussichtlich noch mehrere Jahre“ dauern, zum Teil stehen auch noch Detailuntersuchungen aus. Zugleich raten die ExpertInnen von einer Nutzung der Gartenbrunnen in dem betroffenen Gebiet ab. Dass AnwohnerInnen gesundheitliche Schäden davontrugen, weil sie sich nicht an diese Empfehlung hielten, ist der Behörde indes nicht bekannt. Das aber wäre auch nur schwer nachzuweisen: „Beschwerden können ganz verschiedene Ursachen haben“, so der Bericht – im Vergleich zu den anderen Umweltbelastungen spiele das Grundwasser jedoch „nur eine kleinere Rolle“.
Zugleich wehrt sich die Behörde gegen den Vorwurf, zu langsam zu arbeiten. Gerade die Analysen seien zum Teil „sehr aufwendig“, auch Verursacher und Eigentümer seien oft „nicht sofort greifbar“. In der Regel würde allerdings nur dort untersucht, wo auch ein konkreter Verdacht bestehe. Dementsprechend liegen aus Stadtteilen mit weniger altlastenverdächtiger Geschichte auch weniger Messergebnisse vor. „Wir wissen viel, aber noch längst nicht alles“, resümiert der Bericht.
In Sebaldsbrück waren es insbesondere die 1986 geschlossene Silberwarenfabrik und sowie zwei nahe gelegene chemische Fabriken, die auf einer Fläche von gut 100 Hektar beiderseits der Sebaldsbrücker Heerstraße sowie an der Hemelinger Bahnhofstraße LCKW freisetzten. Ähnlich wie in der Neustadt wird auch hier die Sanierung noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Nach Ansicht der umweltpolitischen Sprecherin der Grünen, Karin Mathes, besteht in Bremen „weiterhin erheblicher Handlungsbedarf“, so dass die Altlastensanierung „dringend“ fortgesetzt werden müsse. „Es ist schon ziemlich tragisch, dass es überhaupt so weit gekommen ist“, so Mathes. Eine Belastung des Bremer Trinkwassers ist jedoch nach Angaben der Schadensanalyse „nicht zu befürchten“. Das Trinkwasser werde nur dort gewonnen, wo das Grundwasser sehr rein sei, etwa im Bremer Norden. Laut Christoph Heemsoth vom Energie- und Wasserlieferanten swb ist das bremische Grundwasser „so gut“, dass selbst stark aufbereitetes Weserwasser da nicht mithalten könne.
Die Broschüre ist beim Umweltressort,, Ansgaritorstr. 2, zu beziehen, außerdem über www.bauumwelt.bremen.de