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Archiv-Artikel

Die Schmunzelmaschine und ihr Sidekick

Alfred Biolek auf Abschieds-Tournee: Der Showmaster und Christian Wulff umgarnen sich am Samstagabend auf der Bühne des Schauspielhauses in Hannover. Niedersachsens Ministerpräsident ist auch ein großer Charmeur, aber nicht so wulffissimo

Christian Wulff schätzt an Johannes Baptist Kerner, dass er „wirklich“ nett ist. Talkgast möchte der Ministerpräsident aber derzeit trotzdem nicht im Zweiten sein, weil es dann nur um seine neue Freundin ginge. Das kann der Gastgeber gut verstehen: „Sonst geht’s Ihnen wie Rudolf Scharping“, sagt die Schmunzelmaschine Alfred Biolek: „Der war auch mit seiner Lebensgefährtin bei mir – und das war das Ende seiner Karriere.“

Ob Kohl, Putin – oder eben Christian Wulff: Auch an diesem Abend seiner Bühnenshow im vollbesetzten Schauspielhaus in Hannover geht der große kleine Mann der Fernsehunterhaltung seinen Gast nicht hart an. Bio ist kein Journalist, sagt er, „ich habe keine Interviews geführt, sondern Gespräche“. Für den Einschmeichler der Nation gab es nie die Trennung zwischen U und E, unterhaltendem und ernsten Programm: „Bei mir“, sagt Biolek, „gibt es nur g und s – gut und schlecht.“

Mehr als 40 Jahre hat Biolek die Deutschen einfach nur unterhalten. Im August kündigte er seinen Abschied von der Flimmerkiste an und drehte die letzte Folge von „Alfredissimo“, aber einfach Schluss machen kann der 72-Jährige nicht. Zur Zeit servieren die Bordbistros der Bahn Bio-Spaghettini mit Tomatensauce und Ingwer, gleichzeitig tourt er mit einem Spektakel namens „Mein Theater mit dem Fernsehen“ durch die Republik, quasi eine hautnahe Abschiedsgala für Biologen. Allerdings haben echte Fans die Fernsehausschnitte aus „Am laufenden Band“, „Monty Python’s Flying Circus“ oder „Boulevard Bio“, Sendungen die er moderiert oder produziert hat, bei diversen Jubiläen schon gesehen. Am Samstag spult der Entertainer sein Programm besonders routiniert ab, erzählt und zeigt gefühlige Schmonzetten mit Sammy Davis Jr., Helen Schneider, den Kessler-Zwillingen oder den TV-Ausschnitt, als er Formel 1-Weltmeister Michael als den Torwart Harald Schumacher ankündigt. Nichts Neues im Bio-Land und manchmal ein bisschen viel Eigen-Weihrauch, urteilen Kenner der Materie.

Umso weniger abgezockt der Talk zwischen Dampfplauderer und Schwiegermutters Liebling. Wulff, wie Biolek von Beruf Jurist, erzählt bereitwilligst, dass er keinen Posten in Berlin anstrebe, aber auch nicht ewig Landesvater bleiben wird. „Ich will ja nicht zum Problembär werden“, sagt Bios Sidekick Richtung München. Und sattelt drauf: „Die Bayern machen mehr Wind, aber wir haben mehr Wind.“ Bio schnarrt zurück, in der Hauptstadt gebe es „viele, die es wollen, aber nicht so viele, die es können“.

Auch Wulff beherrscht das große U und charmiert mit seiner Unfähigkeit zu Kochen: Der Ministerpräsident erzählt von vergeigten Silvestermenus und der Einkaufs-Hatz nach den richtigen Zutaten: „Mir wurde sehr spät klar, dass man Roastbeef auch ohne Dijon-Senf kochen kann.“ Weil er nicht so wulffissimo ist und in der Einladung eine „Finte“ sah, war Wulff auch nie Gast in Bios Fernseh-Bräterei.

Ja, das Jahr 2006 sei „schön“ gewesen, „vor allem die WM“, weicht Wulff Bioleks verschnörkelter Frage nach der neuen Liebe aus, die er im vergangenen April kennen gelernt haben will – Bettina Körner sitzt in den Rängen und darf nachher an Wulffs Riesling nippen.

Wie immer macht Wulff in Werbung für sein Bundesland: Die Eilenriede, der hannoversche Stadtwald, sei „doppelt so groß“ wie der Central Park in New York. Die Inländer seien zwar als staubtrocken verschrien, dabei kämen Waalkes, Busch, Wischmeyer und Carrell alle im Prinzip aus Niedersachsen. „Der einzige Unterschied zwischen Rudi Carrell und Ihnen ist“, umgarnt Wulff den Biolek, „dass Sie noch nicht zu uns gegangen sind“. Kai Schöneberg / Astrid Jankowski