: Nackt, am Fleischerhaken, neben dem Schinken
INTERNET Die Webseite one-11.net bringt positive Nachrichten und stellt Helden des Alltags vor
Die neue Webseite one-11.net ist ein journalistisches Geschenk und Experiment zugleich: Eine Zeit lang wird täglich eine Geschichte über einen inspirierenden Menschen publiziert. Bas Mesters, Italien-Korrespondent des niederländischen Senders NOS und der Tageszeitung NRC Handelsblad, hat One11 erfunden. Konzept ist: inspirierende, mutige Menschen vorzustellen und durch deren Augen eine Situation zu betrachten. Personen, die Lösungen suchen, Beispiele setzen, gegen den Strom schwimmen. Selbst wenn dies persönliche Nachteile oder gar Gefahr für das eigene Leben mit sich bringt.
Wie Lorela Zanardo, Protagonistin von Bas Mesters’ Geschichte. Die streitbare Italienerin macht Front gegen die Reduzierung der Frau zum Sexsymbol im italienischen Fernsehen. Zanardo hat eine Videoanklage auf Youtube gestellt. Der Titel: „Il corpo delle donne“ (Der Körper der Frauen). Drei Millionen Mal wurde die TV-Bilder-Collage aufgerufen. Wer sie anklickt, sieht viel entblößtes Bein und Brüste, Frauen als Tischbein oder am Fleischerhaken mit nackten Schenkeln baumelnd neben Schinken. Lorela Zanardo repräsentiert für Bas Mesters die „vielen Menschen, die sich für Veränderungen einsetzen im Italien Berlusconis“.
„Mich beschäftigt seit Längerem“, erklärt er am Telefon auf die Frage nach den Gründen für One11, „dass durch die Berichterstattung über Italien ein stereotypes Bild entsteht. Italien, das sind Berlusconi und die Mafia.“ Außerdem hat ihn die „verkrampfte Atmosphäre in den Niederlanden nach den letzten Wahlen und der Regierungsbildung“ beunruhigt (mit der rechtspopulistischen PVV von Geert Wilders als Mehrheitsbeschafferin). Auch sieht er One11 als Gegenpol zu 9/11, im Sinne von Aufbauen statt Zerstören.
Die niederländische Version, One11.nl, ist seit 1.Januar im Netz. one-11.net, in englischer Sprache seit Montag, weil die Resonanz auf One11.nl so bemerkenswert ist. Bei der Suche nach Mitstreitern hat Bas Mesters „eine große Überraschung erlebt“. JournalistInnen mit Standorten rund um den Globus und in den Niederlanden, die für niederländische Printmedien, Radio- oder Fernsehsender arbeiten, unter ihnen sehr prominente AutorInnen, waren sofort bereit, kostenlos eine Geschichte zu produzieren. Auch fanden sich mühelos Endredakteure, Webspezialisten, schließlich Übersetzer, die gratis mitwirken, denn One11 hat kein Budget.
Ihre Helden haben die Journalisten oft schon einmal in einem Beitrag zitiert, für eine eigene Geschichte aber gab es keinen Platz oder Anlass. Bas Mesters sieht One11 als einmaliges Experiment, als journalistische Suche nach Antworten auf die Frage: Wie machen wir weiter?
Die gute Nachricht ist in der Regel ja, außer bei Sport und Kultur, keine Nachricht. Das Unnormale dominiert die Berichterstattung: Kriege, Krisen, Katastrophen, Elend, schlechte Gesundheitsvorsorge, schlechter Unterricht etc. Bas Mesters will mit One11 keine naiv guten Nachrichten verbreiten. Kritischer professioneller Journalismus ist gefragt. Er will den journalistischen Ws – also wer, was, wie, wo, warum, wann – ein weiteres hinzufügen: was nun? Im Sinne von: Was kann man tun, um einen Zustand zu verbessern?
In den Beiträgen, die bisher auf One11.nl erschienen sind, ist oft von harten Realitäten die Rede und von konstruktiven Ansätzen. Vielleicht beflügeln diese Geschichten Leser über das eigene Vermögen oder die Lage im eigenen Land nachzudenken. AutorInnen jedenfalls, die ihren Text in englischer Sprache einreichen können, sind bei one-11.net willkommen.
GUNDA SCHWANTJE, AMSTERDAM